Dritter Artikel. Die Erschaffung war im Anfange der Zeit.
a) Dagegen wird geltend gemacht: I. Was überhaupt nicht in der Zeit ist, das ist auch nicht in einem bestimmten Teile der Zeit. Die Erschaffung aber war nicht in der Zeit; denn durch die Erschaffung ist die Substanz oder das Wesen der Dinge hervorgebracht worden. Die Zeit jedoch ist nicht das Maß der Substanz der Dinge und zumal nicht der stofflosen. II. Alles was wird, das hat etwas, was bereits wurde; wie Aristoteles (6 Phys.) beweist. Also hat jedes Werden ein Vorher und Nachher. Im Anfange der Zeit ist aber kein Vorher und Nachher, da der Anfang unteilbar ist. Da nun das Erschaffen ein Werden ist, so scheint es, daß die Dinge nicht im Anfange der Zeit geworden sind. III. Die Zeit ist auch geschaffen worden. Sie kann aber nicht im Anfange geschaffen worden sein, da sie Teile hat, nämlich Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft; und der Anfang etwas Unteilbares ist. Auf der anderen Seite heißt es Gen. 1.: „Im Anfange schuf Gott Himmel und Erde.“
b) Ich antworte, daß durch diese Stelle der Genesis drei Irrtümer ausgeschlossen werden. Einige nämlich meinten, die Welt sei immer gewesen; — und das wird zurückgewiesen durch das: „Im Anfange“; nämlich der Zeit. Andere meinten, es seien zwei Grundprincipien oder Anfänge für die Welt; eins für das Böse und eins für das Gute; — und das wird zurückgewiesen durch die Erklärung, die man dem „im Anfange“, in prmoipio, giebt und die sich auf Joh. 1, 1. stützt, wo es heißt: „Im Anfange war das Wort;“ so daß also hier erklärt wird: „im Anfange“ mit „im Worte“. Denn wie das wirkende Princip, die Macht, dem Vater zugeignet wird, so das Exemplarprincip dem Worte oder dem Sohne, wegen der Weisheit, wie Ps. 103, 24. sagt: „Alles hast Du in der Weisheit gemacht;“ also im Sohne; nach jener Stelle des Apostels: „In Ihm,“ d. h. im Sohne, „ist das All gegründet.“ Andere noch meinten, das Körperliche sei geschaffen vermittelst der geistigen Kreaturen; — und das wird ausgeschlossen durch das: „Im Anfange schuf Gott Himmel und Erde,“ nämlich vor allem. Denn vier Dinge werden als zugleich geschaffen bezeichnet: Der dem Entstehen und Vergehen nicht unterliegende Stoff der Himmelskörper; der irdische Urstoff; die Zeit; und die Engelnatur.
c) I. „Im Anfange“ heißt nicht, als ob der Anfang das Maß der Schöpfung gewesen wäre; sondern dies bedeutet, zugleich mit der Zeit habe Himmel und Erde angefangen zu sein. II. Jenes Werden des Aristoteles ist dasjenige, welches durch die Bewegung bedingt wird; wo stets ein Vorher und Nachher bezeichnet werden kann. Denn ist das Ding geworden, dann ist die betreffende Bewegung nicht mehr; ist es noch nicht im Werden, dann ist die Bewegung noch nicht. Das Erschaffen aber ist keine Bewegung und auch nicht der Abschluß einer Bewegung. So nämlich wird ein Ding geschaffen, daß damit gesagt wird, es sei vorher nicht gewesen. III. Nichts wird, außer insoweit es ist. Nichts aber von der Zeit ist thatsächlich als das Nun, der Augenblick; die Vergangenheit ist nicht mehr, die Zukunft noch nicht. Also kann die Zeit nicht werden außer gemäß einem Nun; nicht daß in diesem ersten Augenblicke die Zeit bereits sei, aber sie fängt damit an.
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