Zweiter Artikel. Der Wille der Dämonen ist verhärtet im Bösen.
a) Dem steht gegenüber: I. Die Freiheit gehört zur Natur des vernünftigen Geschöpfes. Die Natur aber bleibt in den Dämonen. Also können sie wieder zum Guten sich wenden. II. Die göttliche Barmherzigkeit als eine unendliche ist größer wie die Bosheit der Dämonen, die endlich und begrenzt ist. Nur durch die göttliche Barmherzigkeit aber kehrt jemand von der Bosheit der Schuld zurück zum Gut der Gerechtigkeit. Also können die Dämonen wieder zu Gerechten werden. III. Hätten die Dämonen einen im Bösen verhärteten Willen, so müßte auch die Sünde bleiben, welche sie begangen. Diese aber, der Stolz, ist in ihnen nicht mehr; denn der Beweggrund desselben, die hervorragende Stellung, besteht nicht mehr. IV. Gregor der Große sagt: „Der Mensch konnte durch einen anderen erlöst werden, weil er durch einen anderen gefallen war.“ Die niedrigeren Dämonen aber sielen durch den ersten. V. Wer in der Bosheit verhärtet ist, thut nichts Gutes. Der Dämon aber macht manche gute Werke. Denn er bekennt die Wahrheit: „Ich weiß, daß du der Heilige Gottes bist.“ (Matth. 1, 24.) „Die Dämonen glauben“ zudem „und zittern“. (Jak. 2, 19.) Dionysius sagt ferner (4. de div. nom.): „Die Dämonen begehren das Gute und Beste: Sein, Leben, Erkennen.“ Auf der anderen Seite wird auf die Dämonen angewandt die Stelle (Ps. 73, 23.): „Der Hochmut derer, die Dich hassen, steigt immer weiter nach oben.“
b) Ich antworte; nach der Meinung des Origenes kann (1. Periarch. cap. 6.) jeglicher Wille der vernünftigen Kreatur auf Grund der Freiheit sich jederzeit auf das Böse oder das Gute richten; ausgenommen nur die Seele Christi wegen der Verbindung mit dem „Worte“. Diese Annahme aber nimmt von den heiligen Engeln und Menschen die Wahrhaftigkeit der Seligkeit fort, zu deren Natur es gehört, dauernd zu sein; wonach sie auch als ewiges Leben bezeichnet wird. Sie widerspricht auch der Autorität der heiligen Schrift, welche ewige Strafen androht und ewiges Glück verspricht. Das Gegenteil also ist Glaubenssatz; daß nämlich der Wille der Dämonen im Bösen verhärtet ist, der der Engel im Guten befestigt. Die Ursache einer solchen Verhärtung aber muß entnommen werden nicht der Schwere der Schuld, sondern den Verhältnissen der Natur. „Das nämlich,“ sagt Damascenus (2. de orth. fide 4.), „ist für die Engel das Fallen, was für die Menschen der Tod ist.“ Offenbar aber können vor dem Tode alle Sünden, große und kleine, den Menschen verziehen werden; nicht mehr aber nach dem Tode, sondern da bleiben sie. Wollen wir aber die Ursache dieser Verhärtung uns klar machen, so müssen wir erwägen, wie das Begehren immer dem Erkennen entspricht, wovon es ausgeht wie das Bewegliche vom Bewegenden. Denn das Begehren der Sinne geht auf besondere einzelne Güter; der Wille aber richtet sich auf das Gute im allgemeinen, weil eben der Sinn das Besondere erfaßt und die Vernunft das Allgemeine. Darin aber ist das Erfassen der Engel verschieden von dem unsrigen, daß der Engel durch seine Vernunft in unverrückbarer Weise alles erfaßt; so nämlich wie wir die ersten Principien. Der Mensch aber erfaßt in beweglicher Weise; er schließt von einem auf das andere und kann so bald zu einem Ja bald zum Gegenteile, zu einem Nein, gelangen. So kann auch der menschliche Wille sich bald auf das eine richten, bald auf das andere; und auch auf das Gegenteil dessen, was er früher wollte, je nach der Auffassung der Vernunft. Der Wille des Engels aber hängt fest und unverrückbar dem an, was er erwählt hat. Vor seiner Wahl kann er einem Gute anhängen oder dessen Gegenteil wollen; im Bereiche dessen nämlich, was er mit seinen natürlichen Kräften will. Nachher bleibt es so wie er frei entschieden; denn die Auffassung bleibt immerdar dieselbe. Deshalb pflegt man zu sagen; der Wille des Menschen sei nach beiden Seiten hin beugsam vor und nach der Wahl; der Wille des Engels sei dies wohl vor, nicht aber mehr nach der Wahl. Die guten Engel bleiben im Guten gefestigt, die bösen im Übel verhärtet. Wie es sich mit der Verdammnis der Menschen verhält, wird später gesagt werden.
c) I. Die Freiheit richtet sich nach der Lage der betreffenden Natur. II. Die Dämonen sind der Reue nicht fähig; sie wollen immerdar das Böse. Also kann auch die Barmherzigkeit Gottes sie nicht befreien, die nur auf reuige Sünder sich erstreckt. III. Die Sünde des Stolzes bleibt im Teufel dem Begehren nach, wie wohl er ganz gut weiß, er könne nie zum Begehrten gelangen; wie einer einen Totschlag verüben wollen kann, ohne ihn verübt zu haben, weil er keine Macht dazu hatte. IV. Der Mensch hat gesündigt, weil er verführt worden; aber das ist nicht der ganze Grund, weshalb seine Sünde nachgelassen werden kann. V. Der Akt des Teufels ist ein doppelter: Einmal aus überlegtem Willen und der ist im eigentlichen Sinne sein Akt. Dieser Akt nun ist immer böse im Dämonen; denn mag er auch einmal etwas Gutes machen, er thut es nicht gut, d. h. in der rechten Weise; wie wenn er die Wahrheit spricht, damit er täusche; und wenn er wohl freiwillig glaubt und bekennt, jedoch durch die Evidenz der Dinge gezwungen. Dann ist ein Akt des Teufels naturgemäß; und dieser Akt kann gut sein und bezeugt die Güte seiner Natur. Jedoch mißbraucht er einen solchen Akt zum Schlechten.
