Dritter Artikel. Die Worte, mit denen die Schrift das Sechstagewerk ausdrückt, sind zukömmlich.
a) Dem scheint nicht so. Denn: I. Himmel und Erde ist ebenso durch das Wort Gottes gemacht wie das Licht und das Firmament; denn „alles ist durch das Wort gemacht“,sagt Joh. 1. Also mußte auch da des „Wortes“ Gottes erwähnt werden. II. Das Wasser ist von Gott geschaffen; aber nicht als geschaffenes erwähnt. Also ist die Beschreibung ungenügend. III. Es ist unzulässig, daß nach dem Schaffen und beim zweiten Tage nicht steht: Er sah, daß es gut war. Denn dies alles war auch gut. IV. Gottes Geist ist Gott; schwebt also nicht und hat keine bestimmte Lage. Sonach ist es unpassend zu sagen: „Der Geist Gottes schwebte über den Wassern.“ V. Keiner macht, was schon geworden ist. Nun steht da: „Gott sprach,es werde das Firmament und es ward so;“ dahinter aber: „Und Gott machte das Firmament.“ VI. Morgen und Abend sind nicht die einzigen Bestandteile des Tages. Also ist das ungenügend, daß es heißt: „Es ward Abend und es ward Morgen ein Tag“ etc. VII. Das „Zweite“ und „Dritte“ setzt ein „Erstes“ voraus. Hier aber steht: Ein Tag; und darauf: der zweite der dritte Tag etc.
b) I. Nach Augustin (1. sup. Gen. ad litt. 4.) wird der „Sohn“ sowohl beim Erschaffen wie beim Scheiden und Ausschmücken erwähnt, jedoch nicht in derselben Weise. Denn das Scheiden und Schmücken gehört zur Vollendung der Dinge nach deren Wesensform. Wie aber die Vollendung des Kunstwerkes in der Form sich vollzieht gemäß der künstlerischen Form im Geiste des Künstlers, die der Ausdruck seiner Erkenntnisform, sein geistiges Wort ist; so vollzieht sich die Vollendung der Natur in ihrer Wesensform durch das Wort Gottes und deshalb wird da das Wort Gottes erwähnt. Im Erschaffen aber wird das Wort Gottes als Ptincip, als Anfang, erwähnt, wenn gesagt wird: „Im Anfange, in principio, schuf Gott;“ denn unter Erschaffen versteht man die Hervorbringung des Formlosen. Nach den anderen, die nicht das Formlose als solches erschaffen sein lassen, sondern den Stoff als unter den Wesensformen der Elemente stehend, muß anders gesagt werden. „Denn,“ schreibt Basilius (hom. 3. Hexaëm.), „Gott sprach, das bedeutet den Befehl Gottes. Vorher aber mußte die Kreatur sein, die gehorchen sollte.“ II. Nach Augustin bedeutet der „Himmel“ die formlose Geistnatur, die „Erde“ den formlosen Stoff für alles Körperliche insgesamt; und so ist nichts ausgelassen. Nach Basilius aber (1. Hexaëmeron.) stehen Himmel und Erde für die beiden äußersten Grenzpunkte und wird aus ihnen das Dazwischenliegende mitverstanden; zumal die Bewegung aller dazwischenliegenden Dinge entweder nach oben ist, zum Himmel, oder nach unten, zur Erde. Andere sagen, der Name „Erde“ begreife in sich alle Elemente; wie es im Psalm heißt: „Lobet den Herrn von der Erde her“ und dann fortgefahren wird: „Feuer, Hagel, Schnee, Eis.“ III. Dem: „Gott sah, daß etc.“ entspricht auch etwas beim Werke des Erfchaffens. Denn der heilige Geist ist die Liebe. Um zweier Momente willen aber (1. sup. Gen. ad litt. 8.) liebt Gott seine Kreatur; damit sie nämlich sei und damit sie beharre. Damit also das zuerst sei, was beharren sollte, wird gesagt: „Der Geist Gottes schwebte über den Wassern,“ nämlich über dem formlosen Stoffe; wie die Liebe des Künstlers über einem Material schwebt, aus dem er sein Ideal herausarbeiten will. Damit aber was da ist, beharre, wird gesagt: „Gott sah etc.“ Denn dadurch wird ausgedrückt, wie der göttliche Künstler sich in den gewordenen Dingen gefällt, wie diese nämlich seine (Gottes) entsprechende Idee darstellen; nicht als ob Er die gewordenen Dinge in anderer Weise erkannte, als sie noch nicht geworden waren. Und so wird immerdar die Dreieinigkeit angezeigt. Im Erschaffen nämlich wird die Person des Vaters ausgedrückt durch Gott, der schafft; die Person des Sohnes durch das „Principium“, in dem Gott schafft; die Person des heiligen Geistes durch den Geist, welcher schwebt über den Wassern. Im Vollenden oder Unterscheiden aber ist die Person des Vaters im „Sprechenden“, die Person des Sohnes im „Worte“, wodurch gesprochen wird; die Person des heiligen Geistes in dem Wohlgefallen ausgedrückt, womit „Gott sah, daß gut war, was entstanden war“. Beim zweiten Tage steht der letztere Ausdruck nicht; weil das Werk der Scheidung des Wassers erst vervollständigt wird am dritten Tage und somit das da Gesagte auch vom zweiten Tage gilt. Oder: weil die am zweiten Tage geschehene Scheidung dem Volke nicht offenbar ist und somit die Schrift die Billigung Gottes nicht ausdrücklich vermerkt. Oder: weil unter dem Firmament die dichte Wolkenschicht verstanden wird, welche sich nicht unter den immer dieselben bleibenden Teilen des All befindet. Diese Gründe bringt Rabbi Moses (2. lib. perplexorum) vor. Andere bezeichnen als Grund etwas Mystisches; weil nämlich die Zweizahl von der Einheit sich entfernt, deshalb werde das Werk des zweiten Tages nicht gebilligt. IV. Rabbi Moses versteht unter dem „Geiste Gottes“ den Wind oder die Luft, gerade so wie Plato; er werde Geist Gottes genannt, wie ja der Hauch oder das Wehen die Schrift gewöhnlich Gott zuschreibt. Nach den Heiligen aber ist darunter der heilige Geist zu verstehen, der über den Wassern oder dem formlosen Stoffe schwebt (1. sup. Gen. ad litt. 7.), damit man nicht meine, Gott liebe die zu machenden Dinge, weil Er deren bedürfte, also denselben unterworfen wäre; denn man ist unter dem, dessen man bedarf. Nicht aber ist damit ein örtliches Darüberschweben gemeint, sondern eines gemäß der Allmacht. „Er schwebte über dem Wasser,“ so Basilius, „denn Er nährte und belebte die Natur gemäß der Ähnlichkeit der Henne, die über ihren Küchlein brütet und ihnen Lebenskraft einflößt.“ Das Wasser nämlich hat vor allem eine Kraft, Stoff für das Leben zu geben; denn sehr viele Tiere entstehen aus dem Wasser und aller Same ist feucht. Das geistige Leben aber wird mitgeteilt durch das Taufwasser nach Joh. 3.: „Wenn jemand nicht wiedergeboren ist aus dem Wasser und dem heiligen Geiste, so kann er in das Himmelreich nicht eingehen.“ V. Nach Augustin (1. sup. Gen. ad litt. 8.) bedeutet das: „Es werde“ das Sein der Dinge im Worte Gottes; das „Es ward“ das Sein der Dinge in der Engelvernunft; das „Er machte“ das Sein der Dinge in ihrer eigenen Natur. Und weil am ersten Tage von der Vollendung der Engel die Rede ist, so wird nicht hinzugefügt: „Er machte.“ Nach den anderen kann gesagt werden, daß darin: „Gott sprach, es werde“; der Befehl ausgedrückt liegt; darin: „Es ward“ die Ausführung des Werkes. Damit man aber nicht meine, die Engel hätten alles Sichtbare gemacht, wird noch ausdrücklich hinzugefügt: „Gott machte.“ So wird bei allen Werken etwas hinzugefügt, was auf das Einwirken Gottes hinweist; nämlich: „Er machte;“ oder: „Er schied;“ oder: „Er rief“ oder ähnlich. VI. Augustin versteht unter Morgen und Abend das entsprechende Wissen der Engel. Basilius sagt, die ganze Zeit werde vom hauptsächlichsten Teile benannt; wie Jakob sagt: „Die Tage meiner Pilgerschaft“ und die Nächte gar nicht erwähnt; Morgen und Abend aber werden als die Grenzen des Tages hingesetzt. Oder durch den Morgen wird der Beginn des Tages bezeichnet, durch den Abend der Beginn der Nacht. Zukömmlich aber war es, daß da, wo nur von der ersten Begründung der Dinge die Rede war, nur die ersten Teile der Zeiten ausgedrückt würden. Der Abend wird vorangesetzt, weil der Tag vom Lichte anfing, somit der erste Grenzpunkt der Abend ist und nicht der Morgen, welcher das Dunkel der Nacht begrenzt; — oder nach Chrysostomus, weil der natürliche Tag nicht im Abende endet, sondern im Morgen. VII. Ein Tag wird zuerst gesagt, damit dadurch das Maß eines Tages, vierundzwanzig Stunden, vor allem festgesetzt werde; das nämlich was einen Tag ausmacht. Oder es soll damit ausgedrückt sein, daß der Tag durch die Rückkehr der Sonne zu ein und demselben Punkte vollendet werde. Oder das bedeutet, daß, nachdem sieben Tage verflossen sind, wieder zum ersten zurückgekehrt wird, der da ein und derselbe ist mit dem achten. (Basilius 2. hom. in Hexaëm.)
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