Zweiter Artikel. Gott hat selber unmittelbar den Menschenleib gemacht.
a) Dementgegen sagt: I. Augustin (3. de Trin. 4.): „Das Körperliche wird von Gott gelenkt vermittelst der Engelkreatur.“ Also mußte der Menschenleib vermittelst der Engelkreaturen geformt werden. II. Was vermittelst einer geschöpflichen Gewalt geschehen kann, das bedarf nicht, um hervorgebracht zu werden, des unmittelbaren Einflusses der schöpferischen. Die Kraft der Himmelskörper aber genügt, um den Menschenleib zu formen. Denn manche Tiere werden aus der Fäulnis erzeugt vermittelst des wirksamen Einflusses der Lichtkraft von oben; und Albumazar sagt, daß da, wo zu große Wärme oder Kälte herrscht, Menschen überhaupt nicht erzeugt werden, sondern nur in Orten mit gemäßigtem Klima. III. Nichts entsteht aus dem körperlichen Stoffe außer vermittelst eines Anderswerden des Stoffes. Ein jedes solches Anderswerden aber wird verursacht durch die Bewegung der Himmelskörper, welche die erste unter den Bewegungen ist. Also ist der Menschenleib geformt worden vermittelst des Einflusses der Himmelskörper und nicht unmittelbar von Gott. IV. Augustin sagt (7.sup. Gen. ad litt. 24.): „Der Mensch ist, soweit es den Körper anbelangt, in den sechs Tagen gemacht worden und zwar insofern, als Gott der körperlichen Kreatur entsprechende verursachende Kräfte einprägte; und nachher ward er dem thatsächlichen Sein nach geformt.“ Wovon aber in der Körpernatur die verursachenden Kräfte liegen, das kann auch vermittelst körperlicher Kräfte hervorgebracht werden. Auf der anderen Seite heißt es Ekkli. 17, 1.: „Gott schuf den Menschen aus Erde.“
b) Ich antworte, daß die Bildung des ersten Menschenkörpers notwendig von Gott unmittelbar ausgehen mußte. Allerdings behaupteten einige, die Wesensformen in den Körpern leiteten sich von gewissen stofflichen Formen ab. Aber dies weist bereits Aristoteles (7 Metaph,.) zurück, indem er darthut, wie die Formen im Stoffe nicht als für sich allein bestehend werden, sondern wie das Zusammengesetzte wird und demgemäß ist. Und weil das Gewirkte dem Wirkenden ähnlich sein muß; deshalb ist es nicht zulässig, daß eine reine, für sich bestehende stofflose Form eine andere Form hervorbringt, welche nur als im Stoffe befindlich wirkliches Sein erlangt und sonach nur allein dadurch wird, daß das Zusammengesetzte, Stoffliche wird. Also ist erforderlich, daß eine Form, die im Stoffe ist, eine andere im Stoffe befindliche verursacht, je nachdem vom Zusammengesetzten das Zusammengesetzte erzeugt wird. Gott allein kann, obgleich durchaus stofflos, kraft seiner Allmacht den Stoff durch Erschaffen hervorbringen. Also Ihm allein kommt es zu, eine Wesensform im Stoffe hervorzubringen, ohne die Vermittlung einer anderen vorhergehenden, erzeugenden Wesensform im Stoffe. Und hier liegt der Grund, daß die Engel einen Körper nicht in einen der Wesensform nach anderen verwandeln können außer dadurch, daß sie den entsprechenden Samen, der von einer früheren Wesensform herkommt, benutzen, wie Augustin (3. de Trin. 9.) auseinanderfetzt. Da also noch kein menschlicher Körper geformt worden war, durch dessen zeugende Kraft ein anderer ähnlicher hätte entstehen können, so mußte der erste Menschenkörper von Gott unmittelbar geformt werden. ) I. Manches Körperliche macht Gott, ohne die Vermittlung der Engel zu gebrauchen, wie Tote auferwecken, Blindgeborene erleuchten; und dazu gehört auch die Bildung des ersten menschlichen Körpers. Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß auch bei dieser Bildung Gott die Engel zu einigen Dienstleistungen zuließ, wie das der Fall sein wird bei der letzten Auferstehung, wo sie den Staub sammeln werden. II. Nur unvollkommene Tiere werden ohne entsprechenden Samen durch die Kraft der Himmelskörper erzeugt; nicht aber vollkommen ausgebildete, wie Avicenna will. Gleichwohl wirkt zur Erzeugung der letzteren die einwirkende Kraft der Himmelskörper mit und deshalb wird da eine besondere Beschaffenheit des Klima erfordert. Denn offenbar gehört mehr dazu, um etwas Vollkommenes zu erzeugen wie um etwas Unvollkommenes. III. Die Bewegung der Himmelskörper ist nicht die Ursache jener Veränderungen, die außerhalb der Ordnung der natürlichen Ursachen durch göttliche Kraft allein geschehen. Und zu diesen gehört die Bildung des ersten Menschenleibes. IV. Es kann etwas wie dem Samen nach vorherbestehen in der Kreatur entweder so, daß die wirkende Kraft zugleich mit der bestimmbaren empfangenden in die Kreatur niedergelegt ist; oder so, daß nur ein reines Vermögen da besteht, um etwas zu werden. Und in der letzten Weise existierten nach Augustin verursachende Kräfte in der Natur für den menschlichen Leib, so nämlich, daß im Stoffe das Vermögen bestand, ein Menschenleib zu werden; aber nur unter der einwirkenden Kraft Gottes.
