Dritter Artikel. Die Art und Weise, wie die Engel vor dem Throne Gottes stehen (assistieren).
a) Es scheint, daß alle Engel, auch die, welche in den Dienst gesandt werden, vor dem Throne Gottes stehen. Denn: I. Gregor sagt (l. c.): „Die Engel also werden gesandt und stehen vor dem Throne Gottes; obgleich nämlich der Engelgeist innerhalb gewisser Schranken sich findet, Gottes Geist ist durchaus unbeschränkt.“ II. Der Engel des Tobias ward in den Dienst gesandt. Jedoch sagte er (Tob. 12.): „Ich bin Raphael, einer der sieben, die wir vor demThrone Gottes stehen.“ III. Jeder Engel steht Gott näher wie der Teufel. Von diesem aber heißt es Tob. 1, 6.: „Da die Söhne Gottes vor seinem Throne standen, war auch der Teufel unter ihnen.“ IV. Würden die niederen Engel nicht vor dem Throne Gottes stehen, so wäre dies deshalb, weil sie ihre Erleuchtungen von den höheren empfangen. Jeder Engel aber wird erleuchtet von einem höheren, ausgenommen der höchste. Also würde nur einer vor dem Throne Gottes stehen; was gegen Daniel 17, 10. ist: „Zehntausendmal Hunderttausende stehen vor seinem Throne.“ Auf der anderen Seite sagt Gregor der Große (17. moral. 9.): „Es stehen vor dem Throne Gottes jene Gewalten, welche nicht nach außen gesandt werden, um den Menschen etwas zu künden.“
b) Ich antworte, es werde von Engeln gesprochen, die dienen; und von anderen, die vor dem Throne Gottes stehen gemäß der Ähnlichkeit mit jenen Menschen, welche Diener eines Königs sind. Da giebt es einige, die immer beim Könige sind und dessen Befehle unmittelbar ohne weitere Zwischenpersonen hören. Andere aber sind da, die durch Zwischenpersonen von den königlichen Geboten hören, wie jene z. B. welche der Verwaltung einzelner Städte vorgesetzt sind. Hier ist nun zu erwägen, daß alle Engel das göttliche Wesen unmittelbar schauen und mit Rücksicht darauf stehen alle vor dem Throne Gottes. Deshalb sagt Gregor (2. moral. 2.): „Sie können immer vor dem Throne Gottes stehen und das Angesicht des Vaters schauen, die da zum Dienste nach außen gesandt werden zu unserem Heile.“ Nicht aber alle Engel nehmen die Geheimnisse der freien göttlichen Ratschlüsse unmittelbar in der Klarheit selber des göttlichen Wesens wahr; sondern nur die höheren und vermittelst dieser die niedrigeren. Und mit Rücksicht darauf wird von den höheren allein gesagt, sie ständen vor dem Throne Gottes; nämlich von denen der ersten Hierarchie, denen es eigen ist, von Gott unmittelbar erleuchtet zu werden.
c) Damit ist auf I. und II. geantwortet. III. Vom Teufel wird nicht gesagt, er habe vor dem Throne Gottes gestanden; sondern er sei unter denen gewesen, die davor standen, weil, wie Gregor sagt (I. c.): „Wenn er auch der Seligkeit verlustig gegangen ist, er doch nicht die den Engeln ähnliche Natur verloren hat.“ IV. Alle, die vor dem Throne Gottes stehen, schauen Einiges unmittelbar in der Klarheit des göttlichen Wesens; und deshalb ist es der ganzen ersten Hierarchie eigen, von Gott unmittelbar erleuchtet zu werden. Mehreres aber sehen auch da wieder die höher stehenden Engel und danach erleuchten sie die anderen. So weiß ja auch von denen, die immer um den König sind, der eine mehr von den Geheimnissen des Königs wie der andere.
