36. Von der Geburt des h. Martinus und der Kreuzerfindung
Der vierunddreißigste römische Kaiser war Constantinus, der regierte glücklich dreißig Jahre. Im elften Jahre seiner Herrschaft, als nach Diocletianus’ Tode die Kirchen wieder Frieden hatten, wurde der heilige Bischof Martinus[^1] zu Sabasria1, einer Stadt Pannoniens, von heidnischen Eltern, die aber S. 37 nicht niederen Standes waren, geboren. Constantinus tötete im zwanzigsten Jahre seiner Herrschaft seinen Sohn Crispus durch Gift und seine Gemahlin Fausta durch ein siedendes Bad, weil sie angeblich Verrat an seiner Herrschaft üben wollten.
Zu seiner Zeit ward auch der verehrungswürdige Stamm des heiligen Kreuzes durch den frommen Eifer seiner Mutter Helena gefunden, Judas, ein Hebräer, der nach seiner Taufe Quiriacus genannt wurde, zeigte die Stelle an.
Bis hierher geht die Chronik des Geschichtschreibers Guscbius; vom einundzwanzigsten Jahre der Regierung des Constanss tinus beginnt die Fortsetzung des Priesters Hieronymus. Dieser meldet, daß der Priester Juvencus auf Bitten des genannten Kaisers die Evangelien in Verse gebracht habe2.
[^1] Hier zum ersten Male nennt Gregor den Patron seiner Kirche, dessen Name dann auf jeder Seite seiner Werke wiederkehrt. Man muß sich stets Vergegenwärtigen. welchen Raum der Heilige in seinem Denken einnahm, wenn man Gregor ganz verstehen will. Gregor hat ihm die Hälfte der Bücher seiner Heiligengeschichte gewidmet (3—6), aber er folgt damit älterem Beispiel. Die Martinus-Literatur hebt mit dem Schüler des Heiligen, Sulpicius Severus (um 363 bis etwa 420 oder 425) an, der eine Lebensbeschreibung Martins und Dialoge über seine Wunder verfaßte, die zu den besten und ansprechendsten Erzeugnissen der spätlateinischen Literatur zahlen und Lieblingsbücher des Mittelalters wurden. Auf ihm fUßCU die DIchUIUSEU des Paulinus von Pörigueux (um 470), des Venantius Fvkkmsaklsss GVSSVVS Freundes, und endlich Gregors eigene Darstellung: Gregor steht in einer anderthalbhundertjährigen Tradition, dte Martinus erst zum gallischensz DAJIU z1J«M»fkÜUkischen Nationalheiligen gemacht hat. Er ist der populärste Heilige JM fMUkschEU Reich, und zahlreiche Gewohnheiten heidnischer (keltischer und getMtUUfchCk) Gottes« Verehrung werden auf seinen Kult übertragen.
Sabaria ist der lateinische Name der Stadt, die mit deutschem Namen IFST Stein-am-Anger genannt wird, die Magyatetl heißen sie SJVMVMHVIPF es finden sich auch dort noch bedeutende Ruinen aus dem Altertum. ↩
Die evangelische Geschichte des spanischen Priesters Juvencus (um 330) in lateinischen Hexametern ist uns erhalten. ↩
