44. Von dem Bischof Urbicus von Arvern
Zu Arvern aber war nach dem Bischof und Predigcr Stremonius der erste Bischof Urbicus, der war von vornehmer Römischer Abkunft1, ein Neubekehrter und hatte ein Weib. Sie S. 40 aber lebte nach dem Brauch der Kirche von ihrem Manne ge. trennt, weil er Bischof war, und auf klösterliche Weise. Sie lagen beide dem Gebet, Almosen und guten Werken ob. Da sie aber so lebten, wurde der Neid des bösen Feindes, der immer einem heiligen Leben zuwider ist, rege gegen das Weib, und er machte sie wie eine neue Eva von Lust nach dem Manne entbrennen. Und von Begierde entflammt, von der Nacht der Sünde umfangen, eilte sie im Dunkel zum Kirchenhaus2. Aber sie fand alles verschlossen; da begann sie an die Türe des Hauses zu klopfen und zu rufen: »Wie lange schläfft du, Bischof? Willst du denn nicht endlich die geschlossene Türe mir öffnen! Warum verachteft du dein Weib! Was verhärtest du dein Ohr und hörst nicht die Gebote des Paulus, der da spricht: »Kommt wiederum zusammen, auf daß euch der Satan nicht versuche3«. Siehe, ich komme wieder zu dir und nicht zu einem fremden Gefäß wende ich mich, sondern zu dem, das mein ist.« Solches und anderes der Art rief sie lange, da erlag endlich die Keuschheit des Priesters, und er ließ sie in sein Schlafgemach führen, schlief bei ihr und hieß sie dann heimgehen. Als er aber wieder in sich ging und Reue empfand über das begangene Unrecht, begab er sich in ein Kloster seines Kirchspiels, dort Buße zu tun, und als er dort mit Seufzen und Thränen die Schuld abgebüßt, welche er begangen hatte, kehrte er auf seinen Sitz zurück. Nachdem er aber seinen Lebenslauf vollendet, schied er ab von der Welt. Die Frucht jener Umarmung war eine Tochter, die ihr Leben in klösterlicher Haltung zubrachte. Der Bischof selbst aber mit seinem Weibe und seiner Tochter liegt in einem unterirdischen Gemach bei Chantoin4 an der Landstraße begraben, und an seine Stelle trat Bischof Legonus.
