32. Vom Kriege gegen Gundobad
Damals hatten die Brüder Gundobad und Godegisil noch ihr Reich an der Rhone und Saone mit der Landschaft von Marseille. Aber sie und ihr Volk hingen der arianischen Jrrlehre an. Da sie indessen einander feind waren, und S. 110 Godegisil von den Siegen König Chlodovechs hörte, schickte e: heimlich eine Gesandschast an ihn und sprach: »Wenn du mir Beistand leihen willst gegen meinen Bruder, daß ich ihn im Kriege töten oder aus dem Reiche treiben kann, will ich dir Jahr für Jahr so viel Schoß zahlen, als du mir auszulegen beliebst.« Solches hörte Chlodovech gern und versprach ihm zu Hilfe zu kommen, so oft es von nöten. Zur bestimmten Zeit bot er daraus sein Heer aus gegen Gundobad. Und als dieser es vernahm, schickte er zu seinem Bruder — denn er wußte nichts von dessen Hinterlist — und sprach zu ihm:
»Komm mir zu Hilfe, denn die Franken erheben sich gegen uns und greifen unser Land an, es zu erobern. Laß uns deshalb jetzt einmütig sein gegen dies Volk, das uns haßt, aus daß wir nicht unter uns gespalten gleiches erdulden, wie andre Völker« Jener antwortete: »Ich werde mit meinem Heere kommen und dir helfen« Sie brachen alle drei auf zu derselben Zeit -— Chlodovech nämlich zog Gundobad und Godegisil entgegen — und sie hatten bei sich alles Kriegszeug und rückten auf die Feste an, die Dijon heißt. Als es aber an der Ouche1 zum Kampfe kam, ging Godegisil zu Chlodovech über, und ihr vereintes Heer vernichtete das Volk des Gundobad. Da dieser die Hinterlist seines Bruders, von der er keine Ahnung gehabt hatte, merkte, wandte er sich zur Flucht und, an dem Rhoneufer entlang ziehend, kam er nach Avignon Godegisil aber kehrte nach dem Siege und nachdem er Chlodovech einen Teil seines Reichs versprochen, in Frieden heim und zog triumphierend in Vienne ein, gleich als ob er schon das ganze Reich sein nenne.
Chlodovech setzte jedoch mit noch vermehrten Streitkräften Gundobad nach, daß er ihn aus der Stadt2 lockte und tötete. Da jener dies vernahm, wurde er ängstlich DSUU E! bsfükchtekh S. 111 es möchte ihn unerwartet der Tod ereilen. Er hatte jedoch um sich einen vornehmen Mann, mit Namen Aridius, der anschlägig und voll kluger Gedanken war. Den ließ er zu sich rufen und sprach: »Von allen Seiten umgeben mich Drangsale, und ich weiß nicht, was ich tun soll. Denn diese Franken sind über uns gekommen, uns zu töten und das ganze Land zu verheeren.« Auf dies erwiderte Aridius: »Du mußt die Wut dieses Menschen besänftigen, daß du nicht umkommst. Ich will mich deshalb jetzt, wenn dir dies gefällt, so stellen, als ob ich vor dir flöhe und zu ihm überginge, und wenn ich bei ihm bin, die Sache so wenden, daß sie weder dir noch dem Lande Leid zufügen. Nur gib wohl acht, alles zu tun, was er auf meinen Rat von dir fordert, bis einst die Zeit kommt, wo der Herr voll Gnade deine Sache zu einem glücklichen Ende führt« Jener sprach: »Jch werde alles tun, was du verlangst« Als er dies sagte, nahm Aridius seinen Abschied nnd ging von dannen. Als er darauf zu König Chlodovech gekommen war, sprach er so: »Siehe, o gnädigster König, ich, dein untertäniger Knecht, komme zu deiner Macht und habe« jenen elenden Gundobad verlassen. Wenn deine Gnade mich anzunehmen würdigt, so wirst du und deine Nachkommen in mir einen zuverlässigen und treuen Diener finden« Jener nahm ihn sehr bereitwillig auf und behielt ihn um sich, denn er war kurzweilig in der Unterhaltung, anschlägig im Rat, gerecht im Gericht, und zuverlässig, wenn man ihm etwas auftrug3 Da nun aber noch Chlodovech mit seinem ganzen Heere vor den Mauern der Stadt lag, sprach Aridius zu ihm: »Wenn, o König, deine ruhmreiche Hoheit gnädig wenige Worte von mir vernehmen will, werde ich dir, obwohl du meines Rates nicht bedarfst, ihn doch aus einem treuen Herzen geben, nnd er wird dir und den Städten Nutzen S. 112 bringen, die du mit Krieg heimsuchen willst. Warum,« fuhk er fort, »hältst du hier dein Heer auf, während dein Feind an einem ganz sicheren Orte haust? Du verwüstest die Acker, weidest die Wiesen ab, vernichtest die Weinberge, fällst die Olbäume, richtest alle Früchte des Landes zugrunde, und kannst ihm doch kein Leids zufügen. Schicke doch lieber eine Gesandtschaft an ihn und lege ihm einen Schoß auf, den er dir Jahr für Jahr zahle. So wird das Land ohne Schaden bleiben und du über ihn, als einen dir schoßpflichtigen Mann, dauernd gebieten. Wenn er hierauf nicht eingehen will, so kannst du ja tun, was dir beliebt« Dem König gefiel dieser Rat, und er ließ sein Heer in die Heimat zurückkehren. Darauf schickte er eine Gesandtschaft an Gundobad und hieß ihn, er solle Jahr für Jahr einen ihm auferlegten Schoß zahlen. Dieser aber zahlte ihn für das laufende Jahr und versprach, ihn auch für die Folge zu entrichten.
