Nr. 40
Aber an's Kreuz geheftet ist er umgekommen. Was thut dieß zur Sache? denn weder ändert des Todes Art und Schändlichkeit seine Worte oder Thaten, noch erscheint deßhalb seiner Lehre Werth geringer, weil er nicht durch natürliche Auflösung des Körpers Banden entging, sondern durch angethane Gewalt hinstarb. Pythagoras, der Samier, ward wegen ungerechtem Verdacht der Herrschsucht lebendig in einem Tempel verbrannt. Verlor nun das, was er gelehrt die ihm eigenthümliche Kraft, weil er seinen Geist nicht freiwillig, sondern von Grausamkeit angefallen, ausstieß? Gleichmäßig ward Sokrates, durch seiner Stadt Urtheil verdammt, mit dem Tode bestraft. Ist nun dadurch das, was er von der Sittlichket, der Tugend und Plicht ausgesprochen, nichtig geworden, weil Ungerechtigkeit ihn des Lebens beraubte? Unzählig viele Andere, angesehen durch Ruhm, Tugend und Ehre, habe die S. 42 bittersten Todesarten erfahren, wie Aquilius, Trebonius, Regulus. Sind sie um deßwillen nach dem Leben für Schändliche gehalten worden, weil sie nicht dem allgemeinen Gesetze des Verhängnisses, sondern der herbsten Todesart zufolge zerrissen und gemartert zu Grunde gingen? Keiner der jemals unschuldig getödtet ward, ist infam; und den befleckt keines Schimpfes Makel, der nicht seiner Schuld wegen, sondern durch des Peinigers Wuth schwere Strafe erleidet.
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