Nr. 48
Vergeblich, sagt irgend Einer, legst du Christus solche Macht bei, da wir oftmals von Andern erfahren und von Göttern uns bekannt ist, daß sie sowohl sehr vielen Hinfälligen Heilmittel gegeben, als auch vieler Menschen Krankheiten und Gebrechen geheilt haben. Nicht forsche, nicht untersuche ich, welcher Gott, zu welcher Zeit, wem ein Helfer gewesen, oder welchem Bresthaften er die Gesundheit wieder zurückstellt habe; dieß einzige wünsche ich zu vernehmen, ob er ohne Zufügung irgend einer Materie, das ist, eines Heilmittels, der Krankheit auf die Berührung hin den Menschen zu fliehen geheißen; ob er befohlen, vollbracht habe, daß sowohl des Siechtums Ursache absterbe, als auch des Gebrechlichen Körper zu seiner natürlichen Beschaffenheit zurückkehre? Christus nämlich, wie man weiß, hat entweder die Hand den bresthaften Gliedern aufgelegt, oder durch das Geheiß einfachen Wortes den Tauben die Ohreu geöffnet, die Blindheit den Augen enttrieben, den Stummen die Sprache gegeben, der Glieder Bande gelöst, den Lahmen die Bewegung hergestellt, und den Aussatz, das kalte Fieber, die Wassersucht, sammt allen sonstigen Krankheitsgeschlechtern, welche der menschliche Körper nach dem Willen ich weiß nicht welcher wilden Grausamkeit überträgt, mittelst Wort und Befehl gewöhnlich geheilt. Was dem Aehnliches haben alle Götter gethan, die, eurer Aussage zufolge, Kranken und Gebrechlichen Hülfe leisteten? Welche, wenn etwa, wie die Sage geht, Einigen entweder Heilmittel anzuwenden oder irgend eine Speise zu genießen hießen, oder einen irgend wie beschaffenen Trank zu schlucken, oder den Saft aus Kräutern und Wurzeln den beunruhigenden Zufällenen aufzulegen, sich Bewegung zu machen, zu ruhen, oder von irgend etwas Schädlichem abzustehen. Daß solches nichts Großes, noch irgend einer Verwunderung Würdiges sey, ist offenbar, wollet ihr nur Acht geben; und auch die Aerzte heilen dergestalt das auf der Erde geborene Geschöpf, nicht auf der Wissenschaft Wahrheit vertrauend, sondern einer aus Hypothesen beruhenden Kunst, die in muthmaßlicher Erwägung wankt. Durch Heilmittel das Schädliche entfernen ist aber keine Kraftäußerung. Solche Wohlthaten der Dinge sind nicht Wirkungen der Heilenden; und ist es löblich zu wissen, durch welche Medizin oder Kunst geheilt zu werden sich paßt, so kommt dieses Lob nicht Gott, sondern dem Menschen zu: denn nicht ist es für den Menschen schimpflich, das Siechthum durch gewählte, außergewöhnliche Dinge gebessert zu haben; aber Gott ist es unanständig, das nicht aus sich selber zu können, sondern mittelst äußerer Unterstützung Gesundheit und Unversehtheit zu gewähren.
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