Dritter Artikel. Der Name „Wort“ im Verhältnisse zu den Kreaturen.
a) Im Namen Wort scheint keine Beziehung zu den Kreaturen ausgedrückt zu sein. Denn: I. Jeder Name von Gott, der eine Wirkung in sich mit ausdrückt, gilt vom Wesen, nicht von einer Person. „Wort“ aber ist ein die Person unterscheidender Name. II. Was Beziehungen zu den Kreaturen bezeichnet, wird der Zeit nach erst von Gott ausgesagt; wie Herr, Schöpfer. Das „Wort“ aber gilt von der zweiten Person von Ewigkeit. III. Das „Wort“ bezeichnet Beziehung zu dem, wovon es ausgeht. Es geht aber nicht von den Kreaturen aus. IV. In den Ideen Gottes ist eine Mehrheit auf Grund der Beziehungen zu den Kreaturen. Schließt also das Wort die Beziehung zu den Kreaturen ein; so müssen auch mehrere „Worte“ in Gott sein. V. Soll das „Wort“ Beziehungen zu den Kreaturen in sich enthalten; so ist das nur deshalb der Fall, well die Kreaturen gekannt werden von Gott. Aber auch das Nichtseiende erkennt Gott. Also ist im Worte auch eingeschlossen die Beziehung zum Nichtseienden, was offenbar falsch zu sein scheint. Auf der anderen Seite sagt Augustin (83. Quaest. 63.): „Im Namen des Wortes wird nicht nur die Beziehung zum Vater ausgedrückt, sondern auch zu dem, was durch das Wort vermittelst wirkender Kraft gemacht worden.“
b) Ich antworte, daß im „Worte“ eingeschlossen ist die Beziehung zu den Kreaturen. Denn Gott erkennt dadurch daß Er Sich erkennt auch die Kreaturen. Das Wort nun, welches im Geiste empfangen ist, stellt alles dar und offenbart alles, was thatsächlich erkannt und verstanden wird. Sonach sind in uns verschiedene Worte, je nachdem wir Verschiedenes verstehen. Gott aber erkennt in dem einen Alte seines Erkennens Sich selbst und alles Andere. Also ist auch sein einziges Wort der Ausdruck von allem; nicht nur der des Vaters, sondern auch der Kreaturen. Und wie das Wissen Gottes auf das göttliche Sein sich nur als erkennendes erstreckt, auf die Kreaturen aber als ein erkennendes und zugleich wirkendes; so ist das Wort Gottes von dem, was in Gott Vater ist, nur der Ausdruck; von den Kreaturen aber nicht allein der Ausdruck, sondern auch das wirkende Princip. Und deshalb sagt der Psalm 32.: „Er sprach; und es ward;“ denn im Worte Gottes ist eingeschlossen der maßgebende Grund dessen, was Gott thut.
c) I. Im Namen „Person“ ist ebenfalls, allerdings nur unter der Voraussetzung daß etwas einzeln für sich besteht, also nebensächlich und bedingungsweise die Natur eingeschlossen; denn „Person“ ist „das einzelne Für-sich-bestehen der vernünftigen Natur“. Im Namen der göttlichen Person also liegt die Beziehung zur Kreatur nicht eingeschlossen, sobald nur die persönliche Relation in Betracht kommt; soweit also die direkte und unmittelbare Bedeutung der Person erwogen wird. Aber nimmt man Rücksicht darauf, daß mit der Person auch die göttliche Natur bedingungsweise bezeichnet wird, da die Person nur in der vernünftigen Natur ist, und daß somit die Person immer die Natur mit in sich einschließt, so wird damit Beziehung zu den Kreaturen ausgedrückt. Wie nämlich dem Sohne es eigen ist, daß Er Sohn ist; so ist es Ihm eigen, daß Er als gezeugt Gott und Schöpfer ist; und auf diese Weise wird mit dem Namen des „Wortes“ auch die Beziehung zu den Kreaturen besagt. II. Jegliche Relation oder Beziehung wird ausgesagt und hat ihre Natur auf Grund der entsprechenden Thätigkeit. Deshalb giebt es Namen von Gott, welche eine Relation bezeichnen auf Grund der Thätigkeit Gottes nach außen hin, wie Schaffen, Regieren. Und dergleichen Namen werden über Gott der Zeit nach ausgesagt. Andere Namen begleiten solche Relationen, welche auf Grund der innerlichen Thätigkeit in Gott existieren; wie Wissen, Wollen. Und dergleichen Namen werden nicht der Zeit nach gebraucht. Eine derartige Relation aber, wie die letztgenannte liegt dem Namen des „Wortes“ zu Grunde. Also nicht alle Namen, welche Beziehungen zu den Kreaturen enthalten, werden von Gott der Zeit nach ausgesagt; sondern nur jene, welche das nach außen gerichtete Thätigsein Gottes gemäß der Natur ihrer Bedeutung nach kennzeichnen. C. III. Gott erkennt die Kreaturen nicht vermöge eines Wissens, das Er von ihnen erhält; sondern kraft seines Wesens. Also geht das „Wort“ nicht von den Kreaturen aus und ist trotzdem der Ausdruck der Kreaturen. CI. IV. Der Name „Idee“ ist in erster Linie erfunden, um die Beziehung zu den Kreaturen zu bezeichnen; und deshalb giebt es eine Mehrzahl in den Ideen. Der Name „Wort“ aber bezeichnet in erster Linie und direkt die betreffende Relation zum „Sprechenden“; und erst unter der Voraussetzung daß Gott in einem Alte Sich und alle Kreaturen kennt und versteht, daß Er also ein Schaffender ist, bezeichnet er die Beziehung zu den Kreaturen. Und somit ist in Gott nur ein „Wort“; und es schließt doch gemäß der göttlichen Natur, die Ihm innewohnt, die Beziehung zu den Kreaturen ein. IV. V. Gleichwie das Nichtseiende unter das Wissen Gottes fällt, so fällt es auch unter das „Wort“. Es darf ja, wie Augustin (15. de Trin. 14.) sagt, im „Worte“ nicht im mindesten etwas weniger sein wie im Wissen. Für das Seiende aber ist das „Wort“ der Ausdruck und das wirkende Princip; für das Nichtseiende ist es der Ausdruck und das offenbarende Princip. V.
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