Zweiter Artikel. den Relationen liegt der Grund des Unterschiedes zwischen den Personen.
a) Dagegen spricht: I. Die einfachen Dinge werden durch ihr Sein allein unterschieden. Die göttlichen Personen sind aber im höchsten Grade einfach. II. Jede Form wird von der anderen unterschieden gemäß ihrer „Art“. Denn das Schwarze z. B. wird vom Weißen nicht anders unterschieden wie als in der „Art“ der Eigenschaft befindlich. Die Personen aber bezeichnen ein Einzelsein innerhalb der „Art“ der Substanz. Also die Personen können nicht durch Relationen, durch etwas also, was nicht innerhalb der „Art“ der Substanz liegt, unterschieden werden. III. Das Absolute, in sich Abgeschlossene ist früher als das, was nur im Verhältnisse und in der Beziehung zu anderem besteht. Der erste Unterschied aber in Gott ist der Unterschied zwischen den Personen. Also darf er nicht durch die Relationen hergestellt werden. IV. Was den Unterschied voraussetzt, kann nicht das erste Princip desselben sein. Die Relation aber setzt den Unterschied voraus, da selbiger in deren Definition gesetzt werden: denn „beziehungsweise sein“ heißt „zu“ einem anderen „hin“ in gewissem Verhältnisse stehen. Auf der anderen Seite sagt Boëtius (de Trin.): „Die Beziehung allein macht in der Dreieinigkeit die Mehrheit der göttlichen Personen.“ 67.
b) Ich antworte: Wenn in mehreren Dingen etwas Gemeinsames gefunden wird, so muß man nach einem Grunde suchen, der den Unterschied zwischen denselben herstellt. Da nun die drei göttlichen Personen übereinkommen in der Einheit des Wesens, so muß man danach suchen, was in 69. ihnen es verursacht, daß sie drei sind. Da treten nun in den göttlichen Personen zwei Momente entgegen, kraft deren sie voneinander unterschieden sind: der Ursprung und die Relation. Beide unterscheiden sich zwar nicht dem wirklichen Sein nach; wohl aber nach der Art, wie sie kraft ihrer Natur bezeichnen; denn „Ursprung“ bezeichnet nach Art der Thätigkeit, wie z B. „Zeugung“; — „Relation“ aber nach Art einer Eigenschaft oder Form, wie z. B. „Vaterschaft“. Manche haben nun einseitig berücksichtigt, daß die Relation ihrer Natur nach auf Grund eines Thätigseins sich vollzieht, und somit gesagt, der Ursprung sei in Gott der unterscheidende Grund. Demgemäß müssen wir sagen, daß der Vater vom Sohne thatsächlich unterschieden ist, insoweit jener zeugt und dieser gezeugt ist. Die Relationen oder Eigenheiten offenbaren aber daraufhin den Unterschied der Personen; wie ja auch in den Kreaturen die Relationen oder Eigenheiten die Verschiedenheit der Einzelwesen offenbaren, die da durch die Materialprincipien hergestellt werden. Das kann jedoch nicht richtig sein aus zwei Gründen. Einmal deshalb, weil, wenn zwei Dinge als voneinander verschieden aufgefaßt werden, dieser Unterschied nur verstanden werden kann auf Grund von etwas, was jedem von beiden innerlich ist; also in den geschaffenen Dingen auf Grund des Stoffes oder der Form. Der Ursprung aber eines Dinges wird nicht bezeichnet als etwas Innerliches, sondern als ein Weg von oder zu einem Dinge. So ist die Zeugung der Weg zum Gezeugten vom Zeugenden aus; und diese Bezeichnungsweise wohnt dem Worte „Zeugung“ inne. Also kann das Erzeugte vom Zeugenden nicht allein durch die bloße Zeugung unterschieden sein, sondern es muß in jedem von beiden etwas Innerliches bestehen, wodurch sie voneinander unterschieden werden. In der göttlichen Person nun kann nichts Anderes aufgefaßt werden wie das Wesen und die Relation oder Eigenheit. Da sie nun im Wesen übereinstimmen, bleibt nur übrig, daß sie kraft der Relationen unterschieden werden. Dann aus diesem Grunde: Die göttliche Wesenheit ist nicht so als Gemeinsames zu denken, als ob sie in Gattungen als Unterabteilungen geteilt würde; und sie selber dann als ungeteilt übrig bliebe. Vielmehr muß bei ihr das, was den Unterschied macht, auch das voneinander Unterschiedene sein. So aber machen die Relationen allein den Unterschied im Wesen Gottes, daß sie selber die für sich bestehenden Personen sind; wie die Vaterschaft der Vater, die Sohnschaft der Sohn, das „Ausgehen“ der heilige Geist ist, da ja Abstraktes und Konkretes in Gott zusammenfällt dem Sein nach. Es ist aber geradezu gegen die Natur des Ursprunges, daß er den Unterschied und somit die Personen herstelle. Denn der Ursprung als aktiv, als thätigseiend bezeichnet die Person wie eine „ausgehende“ von der subsistierenden Person, also setzt er diese bereits voraus; — der Ursprung aber als passiv oder empfangend bezeichnet, wie z. B. die Geburt, nur den Weg zu der für sich bestehenden Person, insoweit diese noch nicht besteht. Deshalb ist es weit zutreffender zu sagen, die Personen seien unterschieden voneinander kraft der Relation und nicht kraft des Ursprunges. Wenn auch de Unterschied in ihnen nach beiden Seiten hin sich erstreckt, so ist er doch als früher und mehr maßgebend in den Relationen begründet aufzufassen. Sonach bezeichnet dieser Name „Vater“ nicht allein die Eigenheit, sondern auch die Person. Aber dieser Name „gezeugt oder erzeugend“ bezeichnet allein die Eigenheit. Denn „Vater“ drückt die Relation aus, welche die Person herstellt und unterscheidet. „Gezeugt oder erzeugend“ aber 75. bezeichnet den Ursprung, der da nicht die Person herstellt oder unterscheidet. 77.
c) I. Die Personen sind die Relationen, insoweit diese letzteren für sich bestehen. Also widerstreitet es nicht der Einfachheit der Personen, daß sie durch Relationen sich unterscheiden. II. Die göttlichen Personen werden nicht unterschieden, insoweit sie in dem Sein sind, in welchem sie für sich bestehen; und auch nicht insoweit sie in irgend etwas Absolutem, in sich Abgeschlossenem sind; sondern gemäß dem, daß sie zu einander in Beziehung stehen. Sonach genügt für ihr Unterschiedensein die Relation oder Beziehung. III. Je früher der Unterschied ist, desto näher steht derselbe der Einheit; und muß deshalb an sich der geringste sein. Deshalb muß der erste und maßgebende aller Unterschiede durch das verursacht sein, was am mindesten unterscheidet; nämlich durch die Relation. IV. Die Relation setzt voraus den Unterschied in den Einzeldingen, wenn sie eine von außen kommende, zum Wesen hinzutretende Zuthat, ein Accidens ist. Ist sie aber selber etwas Für-sich-bestehendes, so bringt sie mit sich den Unterschied. Denn wenn gesagt wird, das „Beziehungsweise“ bestehe darin, daß es sich zum anderen irgendwie verhält; so ist dieses „andere“ der zweite Schlußpunkt der Beziehung, das Korrelativum, was nicht früher, sondern der Natur nach zugleich ist. 82.
