Vierter Artikel. Das Verständnis der Eigenheiten im Verhältnisse zu den entsprechenden notionalen Thätigkeiten.
a) Es scheint, daß die Auffassung der Eigenheiten, proprietates, die Auffassung der notionalen Thätigkeiten voraussetzt; daß also diese letzteren vorher verstanden werden müssen. Denn: I. Der Magister (27. dist. 1. sent.) sagt: „Der Vater ist immer, weil Er immer den Sohn zeugt.“ Zeugen aber ist eine notionale Thätigkeit. Also geht die Auffassung dieser notionalen Thätigkeit der der Eigenheit „Vater“ voraus. II. Alle Relationen setzen die Thätigkeit voraus, auf welche sie sich gründen; wie die Gleichheit voraussetzt, daß etwas Umfang hat. Die Relation der Vaterschaft aber ist gegründet auf die Thätigkeit, welche „zeugen“ heißt. III. Wie sich das Zeugen verhält zur Vaterschaft, so die Geburt oder das Gezeugtwerden zur Sohnschaft. Die Sohnschaft hat nun im Verständnisse zur Voraussetzung die Geburt; denn erst deshalb ist jemand „Sohn“, weil er geboren worden. Also geht im Verständnisse die Zeugung als notionale Thätigkeit voraus der Vaterschaft. Auf der anderen Seite ist die Zeugung eine Thätigkeit des Vaters. Die Vaterschaft aber bildet den „Vater“ als Person. Also geht die Auffassung der Vaterschaft, der Eigenheit nämlich, voraus der Auffassung der Zeugung, nämlich der notionalen Thätigkeit. 112.
b) Ich antworte; jene, welche nicht wollen, daß durch die Eigenheiten die Personen unterschieden und gebildet werden, sondern daß diese Eigenheiten nur dazu dienen, die Personen, respektive die Hypostasen als einfache Für-sich-bestehende offenbar zu machen in ihrer Würde; diese Autoren müssen ohne alles Weitere zugestehen, daß die Relationen oder Eigenheiten nur im Verständnisse sind oder aufgefaßt werden auf Grund und unter Voraussetzung der Auffassung der notionalen Thätigkeit. Sie müssen ohne weiteres sagen: Weil der Vater zeugt, ist er Vater. Sollen aber die Relationen in Gott der Grund sein für den Unterschied und für die Bildung der Personen, so muß man in der Ausdrucksweise einen Unterschied machen. Der Ursprung nämlich wird im thätigen Sinne und im leidenden oder empfangenden, aktiv oder passiv aufgefaßt. Im thätigen Sinne oder aktiv geschieht dies; wie das „Zeugen“ als notionale Thätigkeit dem Vater zukommt, das „Hauchen“ dem Vater und dem Sohne. Im empfangenden Sinne oder passiv ist diese Auffassung; wie die Geburt dem Sohne und das „Ausgehen“ oder „Gehauchtwerden“ dem heiligen Geiste zugeschrieben wird. Die Arten des Ursprungs, also die notionale Thätigkeit, im passiven Sinne gehen nun im Verständnisse oder in der Auffassung ohne weiteres voraus der Auffassung und dem Verständnisse der Eigenheiten der hervorgehenden Personen, auch der rein persönlichen Eigenheiten; denn der Ursprung im passiven Sinne, ist wie der Weg zu jener Person, welche durch die Eigenheit gebildet wird. Ähnlich ist auch der Ursprung als ein aktiv bezeichneter früher dem Verständnisse nach wie die Relation der Person, insoweit diese Relation nicht der Grund für die Person selber ist; wie die 115. notionale Thätigkeit des „Hauchens“ der Auffassung nach vorhergeht der relativen Eigenheit, welche keinen besonderen Namen hat und dem Vater und Sohn gemeinsam ist. Die persönliche Eigenheit des Vaters aber kann in doppelter Weise betrachtet werden: Einmal, insofern sie eine Relation ist; und so setzt sie wieder gemäß der Auffassung der Vernunft die entsprechende notionale Thätigkeit voraus. Denn die Relation als solche ist in der Thätigkeit begründet. Dann; insoweit sie der Grund für die Herstellung der Person ist. Und so muß die Auffassung der Relation vorhergehen der Auffassung der notionalen Thätigkeit, der „Vater“ dem „Zeugen“, wie die wirkende Person vor ihrer Thätigkeit aufgefaßt werden muß. 118.
c) I. Der Ausdruck, „weil Er zeugt, ist Er Vater,“ versteht unter dem Namen „Vater“ nur die einfache Relation; nicht insoweit sie die Person herstellt. Im letzteren Falle muß es heißen: „Weil Er die Person des Vaters ist, zeugt Er.“ II. Auch der zweite Einwurf nimmt den Ausdruck „Vater“ für die reine Relation; nicht als das die Person bildende Moment. Und so wird er zugestanden. III. Die Geburt ist der Weg zur Person des Sohnes; und deshalb geht sie dem Verständnisse nach der Relation der Sohnschaft vorher, auch soweit diese Relation die Person des Sohnes bildet. Die aktive Zeugung aber wird erfaßt als ausgehend von der Person des Vaters; und deshalb setzt sie die persönliche Eigenheit, Vater zu sein, voraus. 122. 123. 124.
