Vierter Artikel. Die Engel sind im „coelum empyreum“ geschaffen.
a) Dem scheint nicht so. Denn: I. Die Engel sind unkörperlich. Eine solche Substanz aber hängt weder in ihrem Sein noch in ihrem Werden vom Körperlichen ab. Also sind die Engel nicht in einem körperlichen Orte geschaffen. II. Augustin sagt (3. de Gen. ad litt. cap. 10.): „Die Engel sind geschaffen im oberen Teile der Luft;“ also nicht im „Feuerhimmel“. III. „Coelum empyreum“ wird genannt der höchste erste leitende Himmelskörper. Wären also da bereits die Engel geschaffen, so hätten sie nicht weiter hinaufsteigen können. Das ist aber gegen das Wort des sündigen Engels, der da sagt (Is. 14.): „Aufsteigen will ich in den Himmel.“ Auf der anderen Seite sagt Strabo: „Den Himmel nennt er (Moses) hier nicht das sichtbare Firmament; sondern den „Feuerhimmel“, d. h. das Feurige oder das Verständnisvolle, Geistige, was da benannt wird vom Glanze und was, kaum war es geworden, gleich mit Engeln angefüllt worden ist.“
b) Ich antworte, daß, wie im dritten Artikel gesagt worden, aus den körperlichen und geistigen Kreaturen ein einiges Universum gebildet wird. Somit sind die letzteren in der Weise geschaffen, daß sie zur körperlichen Natur Beziehung haben und in ihr den leitenden Vorrang behaupten; demnach war es zukömmlich, daß die Engel im edelsten und höchsten Körper geschaffen würden, vermittelst dessen sie durch die Bewegung die ganze körperliche Natur in ihrer Entwicklung leiten könnten. Dieser Körper mag nun coelum empyreum genannt werden oder sonstwie; darauf kommt es nicht an. Deshalb nennt Isidorus den erhabensten Himmelskörper eben kurz „den Himmel der Engel“. (Zu Deut. 10, 14.)
c) I. Die Engel sind nicht in einem körperlichen Orte geschaffen worden, als ob sie im Sein oder Werden von diesem abhingen; konnten sie doch nach vielen Autoren auch vor aller Kreatur, also vor allem Orte geschaffen werden. Sie sind in einem körperlichen Orte geschaffen, um damit ihre Beziehung zum Körperlichen auszudrücken und daß das Körperliche kraft ihrer Einwirkung sich entwickelt im einzelnen. II. Augustin versteht vielleicht unter dem oberen Teile der Luft den erhabensten Teil der Himmelskörper; womit die Luft wegen ihrer Feinheit und wegen ihres Durchscheinens eine gewisse Ähnlichkeit hat. Oder er spricht nur von den Engeln, welche sündigten und die nach manchen zu den niedrigeren Rangstufen gehörten. Nichts aber steht dem entgegen, daß sie, die höheren Engel, mit ihrer alles Körperliche umfassenden Kraft im höchsten Teile des Himmels geschaffen wurden; die niedrigeren, die nur auf einen Teil des Körperlichen ihre Kraft erstrecken, in niedrigeren Körpern. III. Da ist die Rede nicht von einem stofflichen „coelum“; sondern vom geistigen Himmel der heiligen Dreieinigkeit, wohin der sündige Engel aufsteigen wollte; um irgendwie Gott ähnlich zu sein. (Kap. 63, Art. 3.)
