Vierter Artikel. Es existieren mehrere „Himmel“.
a) Dagegen scheint nur einer zu sein. Denn: I. Gen. 1, 1. steht: „Gott schuf Himmel und Erde.“ Es giebt aber nur eine Erde; also auch nur einen Himmel. II. Der „Himmel“ besteht aus seinem ganzen Stoffe. Es giebt nämlich im letzteren keine Möglichkeit, etwas Anderes zu sein. Dieser Stoff ist durchaus vollendet durch die entsprechende Thatsächlichkeit. Also giebt es keine zwei „Himmel“. III. Wären mehrere Himmel, so müßten sie in der gemeinsamen Gattung übereinkommen. Einen solchen Gattungsbegriff aber kann man nicht angeben. Also giebt es nicht mehrere „Himmel“. Auf der anderen Seite sagt Ps. 184, 4.: „Lobet ihn, die Himmel der Himmel.“
b) Ich antworte, hier scheine eine Verschiedenheit zu bestehen zwischen Basilius und Chrysostomus. Letzterer meint, es gebe nur einen Himmel und allein die hebräische Sprache sei schuld, daß man von mehreren spräche, denn sie habe dieses Wort nicht in der Einzahl; wie ja auch mehrere lateinische Worte es giebt, die keine Einzahl haben wie z. B. divitiae. Basilius aber (l. c.) und Damascenus (l. c.) nehmen mehrere Himmel an. Die Verschiedenheit ist jedoch vielmehr im Ausdrucke wie im Inhalte. Denn Chrysostomus nennt den einen Himmel die Gesamtheit des Körperlichen über der Erde und dem Wasser; wie ja auch von den „Vögeln des Himmels“ gesprochen wird. Basilius aber nimmt mehrere Himmel an, weil in dieser Gesamtheit mehrere Unterschiede sich geltend machen. Die Schrift spricht nämlich in dreifacher Weise vom Himmel. Bisweilen spricht sie vom Himmel im eigentlichen Sinne; und dann versteht sie darunter einen hocherhabenen, leuchtenden Körper, der seiner Natur nach unvergänglich ist, d. h. in dessen eigener Natur nichts zur Auflösung drängt. Und so unterscheidet sie drei Himmel: 1. den durchaus glänzenden, Feuerhimmel genannt; 2. den ganz und gar durchscheinenden, Wasser- oder Krystallhimmel genannt; 3. den Sternenhimmel, der teilweise thatsächlich leuchtend ist, teilweise durchscheinend, also das Licht von außen her in sich wiederstrahlend. Und dieser Sternenhimmel wird geteilt in acht Sphären, von denen die eine die Sphäre der Fixsterne ist; die andere die Sphäre der sieben Planeten, die dann wieder sieben Himmel oder sieben Sphären genannt werden. Sodann versteht die Schrift unter Himmel die Teilnahme an einer Eigentümlichkeit des Himmelskörpers; sei es die Erhabenheit und Feinheit, sei es die leuchtende Helle dem thatsächlichen Sein oder der Möglichkeit nach. Und so wäre der ganze Raum von den Wassern bis zum Umkreise des Mondes wieder ein Himmel: nämlich der Lufthimmel. So schreibt Damascenus von drei Himmeln: Dem Luft-, dem Sternen- und dem höheren Himmel darüber, wohin der Apostel verzückt worden ist, nämlich bis zum dritten Himmel. Weil nun aber dieser Raum zwei Elemente enthält: Feuer nämlich und Luft; so unterscheidet Rhabanus diesen „Lufthimmel“ in vier verschiedene Teile: 1. Den höchsten oder den feurigen Himmel; 2. den Olympischen Himmel, von der Höhe eines Berges genannt Olymp; dies wären die beiden Abteilungen des Feuers oder Wärme, die höhere Region und die niedrigere; — dann die beiden Teile der Luft, die höhere Region 3. den Ätherhimmel; und die niedrigere Region 4. den eigentlichen Lufthimmel. Wenn nun diese vier den obigen drei zugezählt werden, so ergeben sich nach Rhabanus sieben körperliche Himmel. Endlich gebraucht die Schrift in figürlicher Weise den Ausdruck „Himmel“. So wird die Dreieinigkeit wegen ihrer geistigen Höhe und Klarheit „Himmel“ genannt, wie aus Is. 14. hervorgeht: „Zum Himmel will ich aufsteigen.“ Dann werden die Belohnungen der Heiligen, also geistige Güter „Himmel“ genannt; denn sie sind über alle Natur erhaben: ,.Euer Lohn ist groß im Himmel“ (Matth. 5, 12.), sagt der Heiland (vgl. Augustin 1. serm dom. in monte cap. 5.). Manchmal werden die drei Grade des geistigen Gesichtes, je nachdem der Prophet etwas Körperliches als Erscheinung sieht oder etwas in seiner Einbildungskraft oder etwas in seiner reinen Vernunft, die drei Himmel genannt, wie Augustin (12. sup. Gen. ad litt. 29—34.) bei der Erklärung der Verzückung des heiligen Paulus „bis zum dritten Himmel“ bemerkt.
c) I. Die Erde verhält sich zum Himmel wie der Mittelpunkt zum Umkreise. Um einen einzigen Mittelpunkt aber können viele Umkreise sein. Also kann eine Erde sein und viele Himmel. II. Jener Einwurf geht davon aus, daß es nur eine in sich verbundene Gesamtheit der körperlichen Kreaturen giebt; und das wird nicht geleugnet. III. Allen Himmeln ist gemeinsam die Erhabenheit und Klarheit.
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