Zweiter Artikel. Passenderweise ward das Weib aus dein Manne.
a) Dem steht entgegen: I. In den Tieren ist das Weibchen nicht aus dem Männchen geworden; da doch der Geschlechtsunterschied bei Tier und Mensch der gleiche ist. II. Wo die Gattung dieselbe ist, ist auch der gleiche Stoff vorhanden. Also hätte das Weib aus dem Lehm der Erde geformt werden sollen. Allzu große Verwandtschaft macht die betreffende Person zu einer für das Werk der Zeugung ungeeigneten; weshalb auch solchen Personen die Ehe untersagt ist. Also mußte die Frau nicht aus dem Manne werden. Auf der anderen Seite heißt es Ekkli. 175.: „Gott schuf aus ihm, dem Manne, einen ihm ähnlichen Beistand“, nämlich das Weib.
b) Ich antworte; aus folgenden Gründen sei es passend gewesen, daß in der ersten Einrichtung der Dinge das Weib aus dem Manne wurde; wenn dies auch bei den Tieren nicht geschah. Denn: 1. Darin liegt eine gewisse Würde des ersten Menschen; daß er gemäß der Ähnlichkeit mit Gott das Princip sei für seine ganze Gattung, wie Gott dies ist für das gesammte All. Deshalb sagt auch Paulus (act. 17.): „Aus Einem machte Gott das Geschlecht der Menschen.“ 2. Der Mann sollte die Frau mehr lieben, da er erkannte, sie sei aus ihm genommen. Deshalb fügt die Genesis gleich hinzu: „Deshalb wird der Mensch Vater und Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen.“ Und dies war um so notwendiger beim Menschen, wo Mann und Frau das ganze Leben zusammenbleiben; was bei den Tieren nicht der Fall ist. 3. Der Mann ist, wie Aristoteles (8 Ethic. 12.) sagt, mit der Frau auch verbunden wegen der Bedürfnisse des häuslichen Lebens, in welchem der Mann das Haupt der Frau ist; also das Princip im Familienleben. 4. Dadurch war eine Figur für das entsprechende Sakrament gegeben. Denn die Kirche hat ihr einziges Princip in Christo; wie der Apostel dies andeutet: „Dies ist ein großes Sakrament; aber in Christo und der Kirche.“ (Ephes. 5, 32.)
c) I. Die Antwort ist im obigen. II. Nur die geschöpfliche Kraft ist auf einen gewissen Stoff beschränkt und auf eine ganz gewisse Hervorbringungsweise. Die Kraft des Schöpfers ist unbegrenzt. Er konnte den Mann aus Erde machen, die Frau aber aus dem Manne. III. Infolge der natürlichen Zeugung entsteht die besagte Verwandtschaft. Der erste Mensch aber hat das Weib nicht aus sich gezeugt. Eva war nicht die Tochter Adams. Vielmehr ward sie durch göttliche Kraft aus Adam geformt.
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