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Œuvres Thomas d'Aquin (1225-1274) Summe der Theologie
Prima Pars
Quaestio 104

Dritter Artikel. Gott kann etwas zu nichte werden lassen.

a) Das Gegenteil scheint zu behaupten: I. Augustin (83. Qq. 21.), der da sagt: „Gott ist nicht die Ursache davon, daß etwas zum Nichtsein hinstrebt.“ II. „Durch seine Güte ist Gott Ursache, daß wir sind,“ sagt desgleichen Augustin. (I. de doctr. chr. 32.) Gott aber kann nicht anders als gut sein. Also kann Er nicht machen, daß die Dinge nicht sind. III. Um die Dinge zu nichte zu machen, müßte Gott irgendwie thätig sein. Jede Thätigkeit aber hat zum Zielpunkt ein Sein; wonach sogar jene Thätigkeit, welche das Verderben eines Dinges zur Folge hat, abschließt mit der Erzeugung eines anderen. Also kann Gott nichts zu nichte machen. Auf der anderen Seite sagt Jeremias (10, 24.): „Strafe mich, Herr, aber in Deinem Ratschlüsse und nicht in Deinem Zorn; daß Du nicht etwa mich zu nichte machst.“

b) Ich antworte, daß einige meinten, Gott habe die Dinge hervorgebracht mit Naturnotwendigkeit. Wäre dies wahr, so könnte Er nichts zu nichte machen; denn in seiner Natur kann Er nicht anders werden. Diese Meinung aber ist, wie oben Kap. 19, Art. 4 dargethan worden, durchaus falsch und gegen den katholischen Glauben, der da bekennt, Gott habe die Dinge frei geschaffen nach Ps. 134, 6.: „Alles, was Er auch immer gewollt, hat der Herr gemacht.“ Wie Gott also, bevor Er die Kreaturen machte, sie auch nicht machen konnte und ihnen kein Sein mitteilen, so kann Er, nachdem sie gemacht sind, ihnen auch nicht Sein mitteilen, so daß sie aufhören, zu sein; und das ist, sie zu nichte machen.

c) I. Das Nichtsein hat an und für sich keinen Grund. Denn nichts kann verursachen außer insoweit es ist. Sein aber kann nur Sein zur Folge haben. In dieser Weise also ist Gott nicht die Ursache des Hinstrebens zum Nichts. Das hat vielmehr die Kreatur aus sich selber, insofern sie aus dem Nichts ist. Gott also bewirkt nicht, daß die Dinge zu Nichts werden; sondern Er entzieht seine Thätigkeit und dann folgt dies aus den Dingen selber. II. Gottes Güte ist nicht aus Notwendigkeit die Ursache der Dinge, sondern aus freiem Willen. Er konnte ebensogut unbeschadet seiner Güte die Dinge nicht erschaffen; und kann sie demnach auch nicht im Sein erhalten. III. Durch keinerlei besondere Thätigkeit würde Gott ein Ding zu nichte machen; sondern dadurch daß Er aufhörte, auf selbiges einzuwirken.

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