Zweiter Artikel. Unter Dämonen giebt es Vorsteher, denen die anderen gehorchen.
a) Das Gegenteil erhellt aus Folgendem: I. Alle Vorsteherschaft richtet sich nach irgend welcher Richtschnur der Gerechtigkeit. Die Dämonen aber sind durchaus abgefallen von der Gerechtigkeit. II. Wo Befehl und Gehorsam ist, da ist Eintracht. Eintracht aber haben die Dämonen nicht. Denn „unter den Hochmütigen sind immer Streitigkeiten“.(Prov. 13, 10.) III. Jede Vorsteherschaft unter den Dämonen müßte entweder von der Natur kommen oder Strafe sein für ihre Schuld. Von ihrer Natur kommt sie nicht; denn Unterwerfung und Dienen ist nicht aus der Natur, sondern aus der Sünde. Sie kommt bei den Dämonen auch nicht von der Schuld; denn dann müßten die höheren unter ihnen, die ja mehr gesündigt haben, den niedrigeren gehorchen. Es besteht also gar keine Vorsteherschaft oder Leitung unter den Dämonen. Auf der anderen Seite sagt die Glosse zu 1 Kor. 15. cum evacuaverit: „So lange die Welt dauert, stehen Engel den Engeln, Menschen den Menschen, Dämonen den Dämonen vor.“
b) Ich antworte, daß die Thätigkeit eines Dinges seiner Natur entspricht. Wo also in den Naturen der betreffenden Wesen eine Ordnung besteht, da müssen auch die Thätigkeiten gegenseitig geordnet sein. Das erscheint bereits im Bereiche des Körperlichen. Denn weil die niederen Körper ihrer Natur gemäß den höheren himmlischen untergeordnet sind, deshalb hängen auch die Thätigkeiten und Bewegungen der ersteren von der Thätigkeit und den Bewegungen der Himmelskörper ab. Nun besteht in den Naturen der Dämonen eine gegenseitige Ordnung, wonach die einen den anderen untergeordnet sind. Also sind auch die Thätigkeiten der einen untergeordnet den Thätigkeiten der anderen. Das aber stellt gerade das Verhältnis her von Oberen und Untergebenen. Auch der göttlichen Weisheit entspricht dies, die nichts in der Welt in Unordnung läßt, „die da reicht mit Kraft von Zweck zu Zweck und Alles lenkt mit Milde.“ (Sap. 8, 1.)
c) I. Die Gerechtigkeit Gottes, der die Naturen eingerichtet, ist der Grund davon, daß unter den Dämonen Vorsteher und Untergebene sind; nicht die der Dämonen. II. Die Eintracht der Dämonen, kraft deren die einen den anderen gehorchen, kommt nicht aus irgend welcher Freundschaft untereinander; sondern aus ihrer Bosheit, womit sie den Menschen hassen und Gottes Gerechtigkeit widerstreben. Sie gleichen gottlosen Menschen, die sich denen verbinden und unterwerfen, welche mächtiger sind als sie, damit sie die eigene Bosheit ausführen können. III. Die Dämonen sind von Natur ungleich; also besteht bei ihnen von Natur eine Vorsteherschaft. Dies ist bei den Menschen aber nicht der Fall, welche alle ein und dieselbe Natur haben. Daß aber den höherenDämonen die niedrigeren unterworfen sind, das ist kein Gut für die ersteren, sondern vielmehr ein Übel; denn da Böses thun im höchsten Grade Elend ist, so ist eine Vorsteherschaft im Bösesthun ein höheres Elend.
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