Dritter Artikel. Der Stoff gehorcht den Engeln mit Rücksicht auf die Bewegung von Ort zu Ort.
a) Das ist gegen folgende Gründe: I. Die Bewegung des Körpers folgt der Art und Weise der Wesensform. Diese aber hat der Stoff nicht vom Engel. II. Aristoteles (8 Physic.) beweist, daß die Ortsbewegung die erste und die für alle anderen grundlegende sei. Die Engel aber verursachen nicht die anderen Bewegungen, nämlich die Veränderungen von einer Form zur anderen. Also auch nicht die erste. III. Die körperlichen Glieder folgen in ihrer Bewegung der Auffassung der Seele; weil sie in sich selber ein gewisses Princip des Lebens haben. Ein solches Princip ist aber nicht in den Körpern der Natur. Auf der anderen Seite sagt Augustin (3. de Trin. 8.): „Die Engel wenden körperlichen Samen an, um einzelne Wirkungen zu erzielen.“
b) Ich antworte, daß nach Dionysius (7. de div. nom.) die göttliche Weisheit das Ende des Vorhergehenden mit dem Anfange des Folgenden verbindet. Danach wird also die niedrigere Natur in ihrer höchsten Kraftäußerung in etwa berührt von der höheren Natur. Die körperliche Natur ist nun unter der geistigen; und unter allen körperlichen Bewegungen ist die vollkommenste die Orts beweg ung. (8 Physic.) Der Grund davon ist, daß das dem Orte nach Bewegliche nicht im Zustande des Vermögens für etwas ihm Innerliches ist, sondern nur für etwas ihm Äußerliches, nämlich für den Ort; — vielmehr setzt das so Bewegliche seine eigene innere Vollendung insoweit voraus, um von Ort zu Ort bewegt zu werden. (Dann nur wenn ein Wagen z. B. innerlich in seinem Bau vollendet ist, wird er zum Fahren benützt.) Und sonach ist das Körperliche von Natur aus geeignet, von seiten der geistigen Substanz in Bewegung gesetzt zu werden. Deshalb sagten die Philosophen, die höchsten Körper würden örtlich bewegt von geistigen Substanzen; und so bewegt auch die Seele zu allererst und an leitender Stelle den Körper gemäß der örtlichen Bewegung.
c) I. In den Körpern bestehen noch andere Bewegungen außer jenen, welche aus den eigenen Wesensformen sich ergeben; wie z. B. Ebbe und Flut nicht der Substanz des Wassers entspricht, sondern der Kraft des Mondes. Um so viel mehr können einzelne Ortsbewegungen der einwirkenden Kraft einer geistigen Substanz entsprechen. II. Die Engel verursachen die Ortsbewegung als die erste; und durch die Bewegungvon Ort zu Ort werden andere Bewegungen möglich mit Hilfe der körperlichen Ursachen; wie z.B. der Schmied mit Hilfe des Feuers das Eisen weich macht. III. Die Engel haben eine umfassendere und allgemeinere Kraft wie die Seele. Sonach ist die Seele in ihrer bewegenden Kraft beschränkt auf den mit ihr von Natur vereinten Leib; und erst durch ihn kann sie Anderes bewegen. Die bewegende Kraft der Engel aber beschränkt sich nicht auf einen irgend welchen Körper.
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