Dritter Artikel. In Gott besteht noch ein anderes „Ausgehen“ als das des „Wortes“.
a) Dagegen spricht: I. Aus demselben Grunde müßte es noch ein drittes, viertes Ausgehen und so weiter ohne Ende geben. Das aber kommt Gott nicht zu. Also muß man stehen bleiben bei dem ersten; und giebt es nur ein Ausgehen. II. In jeder Natur wird nur eine Art und Weise der Mitteilung dieser selben Natur gefunden. Dies findet deshalb statt, weil die Thätigkeit insoweit eine einheitliche oder eine verschiedenartige ist, als ihr Zielpunkt einer ist oder deren mehrere sind. Wird aber die Natur selber von jemandem mitgeteilt, wie dies bei der „Zeugung“ geschieht, so ist der Zielpunkt eben diese eine Natur, respektive die Natur als erzeugte. Nun handelt es sich jedoch in Gott immer um die Mitteilung der göttlichen Natur. Da es also nur eine göttliche Natur giebt, so kann auch nur ein „Ausgehen“ von ihr statthaben. III. Wäre in Gott noch ein anderes „Ausgehen“ wie das des Sohnes gemäß der Thätigkeit der Vernunft, so könnte es höchstens das „Ausgehen“ der Liebe sein gemäß der Thätigkeit des Willens. Dies kann aber nicht angenommen werden, da in Gott Vernunft und Wille dem wirklichen Sein nach zusammenfallen. Also giebt es in Gott kein anderes „Ausgehen“ wie das des Sohnes durch Zeugung. Auf der anderen Seite geht der heilige Geist nach Joh. 15. vom Vater aus. Dieser ist aber nicht der Sohn, wie aus Joh. 14. hervorgeht: „Ich will meinen Vater bitten und Er wird euch einen anderen Tröster geben.“
b) Ich antworte, daß in Gott ein zweifaches „Ausgehen“ besteht; nämlich das „Ausgehen“ des Wortes und noch ein anderes. In Gott nämlich besteht kein „Ausgehen“ außer gemäß einer Thätigkeit, welche im Thätigseienden bleibt und nicht auf etwas Äußerliches übergeht. Eine derartige Thätigkeit aber ist die der Vernunft und die des Willens. Das „Ausgehen“ des Wortes nun vollzieht sich gemäß der Thätigkeit der Vernunft. Gemäß der Thätigkeit des Willens findet sich aber in uns ein anderes „Ausgehen“, nämlich das der Liebe, gemäß welchem das Geliebte im Liebenden ist; wie vermittelst der Auffassung das Verstandene im Verstehenden ist. Und demgemäß wird in Gott ein anderes „Ausgehen“, das der Liebe, behauptet.
c) I; Ein „Ausgehen“ ohne Ende besteht in Gott schon deshalb nicht, weil in der vernünftigen Natur es nur dieses zweifache „Ausgehen“ giebt und dafür im „Ausgehen“ der Liebe der natürliche Schlußpunkt ist. II. Was in Gott ist, das ist Gott. Diese Wahrheit findet nur auf die göttliche Natur Anwendung und nicht auf eine andere. Durch jegliches „Ausgehen“ in Gott, nicht nach außen, wird die göttliche Natur mitgeteilt und keine andere. III.Obgleich in Gott Wille und Vernunft dem wirklichen Sein nach ein und dasselbe ist, so entspricht es doch dem Wesen der Vernunft und dem des Willens, daß dasjenige, was von einem jeden der beiden ausgeht, sich zum anderen gemäß einer gewissen Ordnung verhält. Denn die Liebe „geht“ nur „aus“ mit Voraussetzung des „Ausgehens“ des Wortes; kann doch nichts geliebt werden, was nicht gekannt, also in der Vernunft aufgefaßt ist. Gleichwie also eine Beziehung und Ordnung zu berücksichtigen ist zwischen dem „Worte“ und dem Princip von dem es ausgeht; mag auch in Gott ein ein und dasselbe sein dem wirklichen Sein nach die Substanz der Vernunft und die Auffassung der Vernunft; — so auch ist wohl dem wirklichen Sein nach in Gott ganz dasselbe der Wille und die Vernunft. Well es aber der Natur der Liebe entspricht, daß sie nur unter Voraussetzung der Auffassung der Vernunft und von derselben ausgeht, so besteht demgemäß auch die entsprechende Ordnung und Beziehung zwischen dem „Ausgehen“ der Liebe und dem „Ausgehen“ des Wortes.
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