Fünfter Artikel. In Gott sind nicht mehrere Arten von „Ausgehen“ wie zwei.
a) Dagegen spricht: I. Gleichwie Wissen und Wollen Gott zugesprochen wird, so auch Macht. Also scheint, daß auch auf Grund der Macht ein „Ausgehen“ angenommen werden muß. II. Ebenso scheint in höchstem Grade die Güte Princip eines „Ausgehens“ zu sein; da es ja der Natur des Guten entspricht, Princip zu sein für das Ausgießen und Verbreiten seiner selbst. III. Die Fruchtbarkeit ist zudem in Gott größer wie in uns. Von uns aber gehen mehrere „Worte“ oder Auffassungen aus. Also scheint noch vieles „Ausgehen“ in Gott angenommen werden zu müssen. Auf der anderen Seite sind nur zwei „Ausgehende“ in Gott. Also giebt es auch nur zwei Arten von „Ausgehen“.
b) Ich antworte, die Arten von „Ausgehen“ in Gott können nur je nach den Thätigkeiten angenommen werden, die im Thätigseienden bleiben. Derartige Thätigkeiten aber giebt es nur zwei in der vernünftigen Natur, nämlich Verstehen oder Erkennen und Wollen. Denn „sinnlich wahrnehmen“ existiert einerseits nicht in der vernünftigen Natur; und andererseits ist es auch nicht dem ganzen Umfange nach frei von jener Art Thätigkeiten, welche nach außen hin sich richten und da ihren Schlußpunkt haben; vollzieht sich doch das sinnliche Wahrnehmen vermittelst des bethätigenden, direkten Einflusses des äußerlichen Gegenstandes auf den Sinn. Also giebt es kein anderes „Ausgehen“ in Gott wie das des „Wortes“ und der „Liebe“.
c) I. Die Macht ist das Princip für das Einwirken in Anderes oder für das Hervorbringen anderen Seins. Sonach vollzieht sich gemäß der Allmacht das Wirken nach außen hin. Und so ist sie wohl das Princip für das Ausgehen der Kreaturen; nicht aber für die Personen. II. Das „Gute“ bezieht sich, wie Boëtius sagt, vielmehr auf die Natur wie auf die Thätigkeit; außer etwa als Gegenstand des Willens. Da also bei der Begründung des „Ausgehens“ in Gott es sich notwendig um die Thätigkeit handelt, der gemäß es sich vollzieht, so sind die Güte sowie ähnliche Vollkommenheiten an sich kein Princip für das Ausgehen;,außer etwa insoweit Gott seine Natur, seine Wahrheit und seine Güte erkennt und liebt. III. Gott erkennt und will alles in einem einzigen einfachen Alte. Sonach kann in Ihm es nicht ein „Wort“ geben, das aus einem anderen „Worte“ hervorginge oder ähnlich eine „Liebe“, die einer anderen entstammte. Vielmehr ist in Gott ein einiges vollkommenes „Wort“ und eine einige vollkommene „Liebe“; und gerade dadurch offenbart sich seine vollkommene Fruchtbarkeit.
