Erster Artikel. In Gott ist eine Dreieinigkeit.
a) Dagegen spricht: I. Jeder Name, der von Gott gelten soll, bezeichnet entweder die Substanz oder die Relation. Der Name „Dreieinigkeit“ aber bezeichnet nicht die Substanz, denn er wird betreffs der Personen gebraucht. Er bezeichnet nicht die Relation, denn er schließt eine Beziehung zum anderen ein; wie z. B. der Name „Vater“. Also ist er auf Gott nicht anwendbar. II. „Dreieinigkeit“ scheint ein Kollektivwort zu sein; denn es weist auf eine zur Einheit verbundene Mehrheit hin. Ein solcher Name aber ziemt sich nicht für Gott. Denn die Einheit, welche durch ein Kollektivwort ausgedrückt wird, ist die mindeste Einheit. Gott aber kommt die hervorragendste Einheit zu. III. Alles Dreieinige ist dreifach. Die Dreifachheit aber ist eine Gattung der Ungleichheit; kann also von Gott nicht gelten. IV.Was in Gott ist, das ist in der Einheit der göttlichen Substanz, weil Gott seine eigene Substanz ist. Besteht also eine Dreieinigkeit in Gott, so wird sie in der Einheit des Wesens sein und so wären in Gott drei substantiale oder drei Wesenseinheiten, was häretisch ist. V. In allen Aussagen über Gott wird das Konkrete, dem wirklichen Sein Entsprechende, ausgesagt vom Abstrakten, von dem nur in der Vernunft Bestehenden und von der Wirklichkeit Losgelösten; wie: die Gottheit ist Gott, die Vaterschaft ist Vater. Die Dreieinigkeit kann aber nicht als „dreieinig“ bezeichnet werden; sonst wären es neun. Also der Name „Dreieinigkeit“ paßt nicht für Gott. Auf der anderen Seite heißt es im Symbolum Athanasianum: „Die Einheit ist in der Dreieinigkeit, die Dreieinigkeit in der Einheit zu ehren.“
b) Ich antworte, daß der Name Dreieinigkeit in Gott die bestimmte Zahl der Personen bezeichnet. Da also eine Mehrheit von Personen in Gott geglaubt wird, so darf man sich auch des Namens Dreieinigkeit bedienen. Denn worauf der Ausdruck „Mehrheit“ in unbestimmter Weise hinweist, das thut dar der Ausdruck „Dreieinigkeit“ in bestimmter Weise. IX.
c) Wird die Ableitung des Namens berücksichtigt, so scheint der Name Dreieinigkeit das eine Wesen der drei Personen zu bezeichnen, gleichsam als Einheit von dreien. Betrachtet man jedoch, wozu dieser Name eigens gebraucht wird und was er ausdrücken soll, so bezeichnet er vielmehr die Zahl der Personen ein und desselben Wesens. Und deshalb können wir nicht sagen, daß der Vater Dreieinigkeit ist, weil Er nicht die drei Personen ist. Der Name bezeichnet aber nicht die Relationen selber, sondern mehr die Zahl der Personen, die zu einander Wechselbeziehungen haben. Und daher kommt es, daß die Dreieinigkeit dem Ausdrucke des Namens zufolge nicht auf anderes Beziehung hat. II. Ein Kollektivwort schließt zweierlei ein: 1. Eine Mehrheit der für sich bestehenden Dinge; 2. eine Einheit im Verhältnisse des einen zum anderen. Ein Volk z. B. ist eine Menschenmenge, in welcher eine gewisse Ordnung die einen mit den anderen verbindet. Rücksichtlich des ersten Moments also stimmt der Name „Dreieinigkeit“ mit den anderen Kollektivnamen überein. Rücksichtlich des zweiten aber ist er von allen anderen verschieden. Denn in der göttlichen Dreieinigkeit ist nicht nur eine irgend welche Einheit der Ordnung und des Verhältnisses, sondern ein einiges Wesen. III. „Dreieinigkeit“ wird im absoluten Sinne ausgesagt; denn es wird damit die Dreizahl der Personen und keinerlei Beziehung zu Anderem ausgedrückt. „Dreifachheit“ aber bezeichnet die Beziehung des einen zum anderen nach einer gewissen Ungleichheit; denn sie ist eine Gattung des ungleichen Verhältnisses. (Boëtius, Arithmetica, lib. I. c. 24.) IV. In der göttlichen Dreieinigkeit wird aufgefaßt sowohl die Zahl als auch die gezählten Personen. Wenn wir also sagen: „Die Dreiheit in der Einheit,“ so setzen wir nicht die Zahl für die Einheit des Wesens, als ob dreimal das Eine oder die Einheit wäre. Wir geben vielmehr die gezählten Personen damit an in der Einheit des Wesens; wie von den Einzelwesen irgend einer Gattung ausgesagt wird, sie seien inbegriffen in der einen entsprechenden Natur. Umgekehrt sagen wir: „Die Einheit in der Dreiheit,“ wie die eine Natur bezeichnet wird als in den verschiedenen Eizeldingen befindlich. V. Sagen wir: „Die Dreieinigkeit ist dreieinig,“ so wird damit die Vervielfältigung der Zahl mit sich selber ausgedrückt; das würde also heißen, der für sich bestehenden Dreieinigkeiten seien drei; denn das „Dreieinig“ schließt ein den Unterschied im Für-sich-bestehen jenes Subjekts, wovon es ausgesagt wird. Wird aber gesagt: „Gott ist dreieinig,“ so heißt dies, es giebt drei Fürsichbestehende in der Gottheit.
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