Dritter Artikel. Ewigsein ist Gott allein eigen.
a) l. Gegen diese Behauptung spricht die Stelle bei Daniel (12, 3.): „Die da zur Gerechtigkeit viele anleiten, werden glänzen wie die Sterne in endlose Ewigkeiten.“ Es gäbe aber nicht mehrere Ewigkeiten, wenn dies Gott allein eigen wäre, ewig zu sein. Gott ist also nicht allein ewig. II.. Desgleichen bei Matthäus (25, 4.): „Geht hin, ihr Verfluchten, ins ewige Feuer.“ Also ist nicht Gott allein ewig. III. Alles, was in sich notwendig ist, das ist ewig. Alle allgemeinen Principien aber für die Beweisführung, wie z. B. „der Teil ist kleiner als das Ganze, dessen Teil er ist“, sind ewig; — und ebenso alle bewiesenen Sätze. Also ist dies Gott nicht allein. Auf der anderen Seite sagt Augustin (Fulgentius lib. de fide ad Petrum c. 6.) und Hieronymus (ad Damasum, ep. 57): „Gott allein hat keinen Anfang.“ Was aber keinen Anfang hat, ist ewig. Also Gott allein ist ewig.
b) Ich antworte, daß Gott allein es eigen ist, ewig zu sein; ebenso wie es Ihm allein eigen ist (Kap. 9, Art. 1 und 2), unveränderlich zu sein. Beides kann voneinander nicht getrennt werden. In selbem Grade aber, daß er anderen Dingen von seiner Unveränderlichkeit mitteilt, nehmen diese selben Dinge teil an seiner Ewigkeit. So haben nun einige Wesen in der Weise Anteil an seiner Unveränderlichkeit, daß sie von ihrer Substanz aus kein Vermögen dazu besitzen und in keinem der Elemente ihrer Natur eine Neigung oder innere Möglichkeit dafür haben, um nicht zu sein. Und in diesem Sinne wird bei Ekkle. I. von der Erde gesagt: „Die Erde steht fest in Ewigkeit.“ Ebenso wird in dieser Weise den reinen Geistern Ewigkeit zugesprochen: „Du erleuchtest mit wunderbarer Helle von den ewigen Bergen aus.“ Andere Dinge werden von der Schrift „ewig“ genannt wegen der Länge ihrer Dauer, obgleich sie in sich und von sich aus zum Vergehen eilen; wie Deutern. 33, 15.: „Von den Äpfeln der ewigen Hügel.“ Andere endlich haben in noch höherem Grade Anteil an der Ewigkeit, insofern sie dem Sein und der Thätigkeit nach unwandelbar sind, wie die seligen Geister, Engel und Heilige, die Gott in seinem Worte schauen; denn „rücksichtlich dieser Anschauung bestehen in den Seligen keine flüchtigen Gedanken mehr“, sagt Augustin. (15. de Trin. c. 16.) Und von diesen wird gesagt: „Das ist das ewige Leben, daß sie Dich erkennen, den wahren Gott.“ (Joa. 17.)
c) I. Von mehreren Ewigkeiten wird demnach gesprochen, weil viele es giebt, welche kraft der Anschauung Gottes an der Ewigkeit teilnehmen. II. Das Feuer der Hölle wird „ewig“ genannt, nur weil es eines Endes von außenher ermangelt; nicht weil es in sich irgend etwas Vollendetes böte. Eine Mannigfaltigkeit der Strafen enthält jedoch dieses selbe Feuer nach den Worten Jobs: „Zu überaus großer Hitze werden sie übergehen, nachdem sie Kälte gefühlt haben als ob sie in Schneewassern wären.“ (Job 24.) Daher ist in der Hölle nicht eine wahrhafte Ewigkeit, sondern eine Zeit, die nicht von außen her geendet wird, wie der Psalmist sagt: „Ihre Zeit wird in die Jahrhunderte hinein ohne Ende dauern.“ (Ps. 80.) III. Da« «Notwendige“ in dem angeführten dritten Einwürfe bezeichnet eine gewisse Art und Weise der Wahrheit. Das Wahre aber ist, wie Aristioteles sagt, in der Vernunft. Demgemäß also ist alles Wahre und Notwendige insofern ewig als es in der ewigen Vernunft sich findet, die da nichts anderes ist als allein die göttliche. Also ist außer Gott nichts wahrhaft und unabhängig Ewiges.
