Dritter Artikel. Gott ist ein einiger Gott.
a) Dies scheint nicht der Fall zu sein. Denn: I. Es heißt bei I. Kor. 8.: „Viele sind der Götter und der Herrschaften giebt es viele.“ II. Das „Eine“ kann nicht von Gott ausgesagt werden, insofern es Princip der Zahl ist; denn Gott hat keinen Umfang, Er ist nicht quantus. Auch nicht das „Eine“, was mit dem Sein der Wirklichkeit nach zusammenfällt; denn dies ist dem Wesen nach ein Mangel, ein Entbehren der Geteiltheit. In Gott aber ist kein Mangel. Also ist Gott nicht ein einiger. Auf der anderen Seite heißt es im Deuteron. 6. 4.: „Höre Israel, der Herr unser Gott, ist ein einiger Gott.“
d) Ich antworte, es gehe aus drei Gründen hervor, daß Gott ein einiger sei: 1. Es folgt aus seiner Einfachheit. Denn jenes, wodurch etwas Einzelnes gerade dieses Einzelne ist, kann offenkundig nicht mitgeteilt werden. Jenes nämlich, wodurch z. B. Sokrates „Mensch“ ist, das kann mitgeteilt werden; es giebt viele Menschen. Aber wodurch Sokrates dieser Mensch ist und nicht jener, das kann der Natur der Sache nach nur einer haben. Wenn also Sokrates durch ganz ebendasselbe „Mensch“ wäre, wodurch er dieser Mensch ist, so könnten, wie es nicht mehrere Sakrales giebt, nicht verschiedene Menschen existieren. Dies aber gerade kommt Gott zu. Er ist seine Natur, sein eigenes Wesen, wie Kapitel 3, Artikel 3 gezeigt worden. Er ist also kraft ganz desselben Momentes „Gott“, wodurch Er „dieser Gott« ist. Unmöglich ist also eine Mehrheit von Göttern. 2. Dieselbe Wahrheit ergiebt sich aus der Unendlichkeit der göttlichen Vollkommenheit. Gott begreift in sich, wie oben gezeigt worden, jegliche Vollendung des Seins. Wenn also mehrere Gottheiten vorhanden wären, müßten dieselben voneinander verschieden sein. Also etwas wird in der einen sein, was in der anderen nicht wäre. Stellte sich also dieses, wodurch sie sich unterscheiden, als eine Vollkommenheit heraus, so würde die eine Gottheit derselben ermangeln und so würde jene Gottheit, der diese Vollkommenheit fehlt, nicht durchaus vollendet sein. Unmöglich also ist die Annahme, es seien mehrere Gottheiten. So auch stellten die alten Philosophen, als ob sie von der Wahrheit gezwungen wären, schließlich immer ein einziges erstes Princip auf, dem sie Unendlichkeit zuteilten. 3. Dasselbe wird gezeigt durch die Einheit der Welt. Denn alle Dinge, welche in der Welt bestehn, finden sich so geordnet, daß das eine mit dem anderen wechselseitige Beziehung hat. Was aber voneinander verschieden ist, das kann nicht auf ein und dieselbe Ordnung zurückgeführt werden, außer wenn eine Einheit sie ordnet. Denn weit besser wird das Viele zu einer einheitlichen Harmonie verbunden durch „Eines“, als durch „Vieles“; insofern ja, was an und für sich in seinem Wesen eine Einheit bildet, auch von einer Einheit verursacht sein muß, die bereits von ihrem Wesen aus und kraft desselben ein einiges Sein ist oder vielmehr sein muß. Nur nebensächlich und absichtslos (nicht an und für sich) kann eine Vielheit Ursache oder Veranlassung für irgend welche Einheit sein. Da aber was das erste Sein ist, zugleich das vollkommenste sein muß und zwar nicht nebensächlich, sondern kraft des inneren Wesens; so ist es erforderlich, daß das erste Sein als Ursache der einen Ordnung in den Dingen auch kraft seines Wesens ein einiges ist. Und das ist Gott. I. Der erste Einwurf übersieht, daß der Apostel sogleich darauf sagt: „Uns aber ist ein Gott.“ Er spricht also in der bezeichneten Stelle nach der Meinung jener, welche viele Götter verehrten in der Meinung, die Planeten und andere Gestirne seien Götter oder auch die einzelnen Teile der Welt. II.Das „Eine“, insoweit es Princip der Zahl ist, wird nicht ausgesagt von Gott, welcher keinen Umfang hat. Dieses „Eine“ ist in der Art der mathematischen Größen, welche ihrem thatsächlichen Sein nach im Stoffe existieren; vermittelst der Auffassung der Vernunft jedoch von dem bestimmten entsprechenden Stoffe absehen. Das „Eine“ aber, welches mit dem thatsächlichen Sein zusammenfällt, ist etwas Metaphysisches, über alle bestimmten und beschränkten Wesen Hervorragendes, was da, soweit es auf das Sein ankommt, vom Stoffe nicht abhängt. Wenn nun auch in Gott selber keinerlei Mangel an solchem Sein, was Er sonst haben könnte, vorhanden ist, so wird Er doch gemäß der Art und Weise unseres Erkennens von uns nur dadurch erkannt, daß wir die kreatürliche Seinsweise auf Ihn angewandt leugnen und von Ihm entfernen. So sagen wir von Gott, Er sei unendlich, d. h. ohne Ende; unkörperlich, d. h. ohne Körper; und ebenso sagen wir. Er sei einer, d. h. ungeteilt, ohne Geteiltheit.
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