Zweiter Artikel. Gott ist ewig.
a) Das scheint nicht der Fall zu sein und zwar auf Grund philosophischer und theologischer Autoritäten; auf Grund der Schrift und der Vernunft: I. Was gemacht ist, kann nicht über Gott ausgesagt werden. Die Ewigkeit aber ist etwas Gemachtes; denn Boëtius sagt (5. de consol. pros. ult.):-„Das fließende „Nun“ macht die Zeit; das stehende „Nun“ macht die Ewigkeit.“ Augustinus schreibt gleichfalls (83. Quaest. 23.): „Gott ist der Urheber der Ewigkeit.“ II.Was vor der Ewigkeit ist und nachher, kann nicht durch die Ewigkeit gemessen werden. Gott aber ist „vor der Ewigkeit“, wie der lib. de causis sagt (prop. 2.); —Er ist „nach der Ewigkeit,“ wie es Exod. 15, 18 heißt: „Gott wird herrschen in Ewigkeit und noch weiter.“ Also „ewig sein” kommt nicht Gott zu. III. Die Ewigkeit ist ferner ein Maß. Gott aber wird nicht gemessen. Er ist also nicht ewig. IV. Zudem spricht die Schrift von Gott in der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Zeit. Dies könnte nicht geschehen, wenn die Ewigkeit zukäme, die ja ganz zugleich ist. Auf der anderen Seite heißt es im symbolum Athanasianum: „Ewig ist der Vater, ewig der heilige Geist.“
b) Ich antworte, daß das Wesen der Ewigkeit im notwendigen Zusammenhange steht mit dem Wesen der Unveränderlichkeit, gleichwie das Wesen der Zeit notwendig zusammenhängt mit der Bewegung. Da also Gott im höchstmöglichen Grade unveränderlich ist, so ist Er auch ebenso ewig. Und zwar ist Gott nicht nur ewig, sondern Er ist seine eigene Ewigkeit, obgleich kein anderes Ding seine eigene Dauer ist; denn Gott ist sein eigenes Sein, was ebenfalls nichts Anderem zukommt. Gott aber ist sein sich selbst immer gleichförmiges Sein. Also ist Er, wie Er sein Wesen ist, so auch seine Ewigkeit. Daraus ergiebt sich die Antwort auf die Einwürfe.
c) I. Das „stehende Nun“ macht allerdings die Ewigkeit; aber nur nach unserer Auffassung. Sowie nämlich in uns das Auffassen der Zeit verursacht wird dadurch, daß wir das beständige Fließen des „Nun“ auffassen; denn immer etwas anderes ist dem thatsächlichen Sein nach der Mensch, das Wasser, das Feuer etc. von einem Augenblicke zum anderen; — so wird in uns die Auffassung der Ewigkeit verursacht, insoweit wir ein „stehendes Nun“ auffassen; wo nämlich die Substanz immer das gleiche thatsächliche Sein hat oder vielmehr dieses Sein selber ist. Der Ausdruck des heiligen Augustin aber wird verstanden von der Ewigkeit, insoweit sie von Gott anderen mitgeteilt wird. Denn ebenso wie Gott seine Unveränderlichkeit mitteilt, thut er dies auch mit seiner Ewigkeit. II. Dies gilt auch für den zweiten Einwurf. Gott ist vor der Ewigkeit, insofern Er sie mitteilt den stofflosen Substanzen. Deshalb wird auch ebendaselbst (lib. de caus.) gesagt, daß die „geistige Substanz Anteil hat an der Ewigkeit“. Im Exodus aber wird „Ewigkeit“ gesetzt für „Zeitperiode“; und so hat auch eine andere Übersetzung saeculum anstatt aeternitas. Somit will der Ausdruck besagen: Gott wird herrschen über die ganze Zeitdauer oder über jegliche Zeitperiode hinaus. Denn saeculum oder Zeitperiode ist eben nichts anderes als der Umfang der Zeit, welche einem beliebigen Dinge seiner Natur nach zukömmt. (Arist. I. de caelo.) Oder es kann gesagt werden, daß, wenn auch eine Bewegung beständig, nämlich ohne Aufhören wäre, wie die alten Philosophen von den Himmelskörpern annahmen, daß selbst in diesem Falle Gott darüber hinaus herrscht, weil sein Reich, soweit es auf Ihn ankommt, „ganz zugleich“ ist. III. Die Ewigkeit ist dem Sein nach Gott selbst. Nur also nach unserer Auffassung wird ausgesagt, Gott sei gemessen durch die Ewigkeit. IV. Die Ausdrucksweise, mit der sonst verschiedene Zeiten bezeichnet werden, wird von der Schrift gebraucht, wenn sie über Gott spricht, weil Gottes Ewigkeit alle Zeiten umschließt; nicht als ob Er selber unter der Vergangenheit, der Gegenwart und Zukunft litte.
