Nr. 5
Bei dem nicht unberühmten Theologen Timotheus, wie auch bei anderen gleicherweise gelehrten Männern findet man über die große Mutter der Götter und über derselben Dienst folgenden Ursprung angegeben, aus aufbewahrten Schriften des Alterthums und aus den geheimnißvollsten Mysterien erforscht, wie er selbst versichert und angiebt. Im Lande Phrygien, sagt er, ist ein vor allen andern unerhört großer Fels, der Agdus von den Eingeborenen der Gegend genannt wird. Von ihm entnommene Steine hat Deukalion und Pyrrha, wie Themis weissagend befohlen, auf die der Sterblichen entblöste Erde geworfen; aus welchen sammt den Uebrigen auch diese, welche man die große Mutter nennt, gebildet und durch göttliche Schickung beseelt worden ist. Als sie auf des Felsen Gipfel sich der Ruhe und dem Schlafe hingab, begehrte ihrer ruchlos Jupiter mit unzüchtiger Leidenschaft. Da er aber nach langer Anstrengung das sich Verheißene nicht erlangen konnte, so büßte er, zum Nachgeben gezwungen, seine Lust auf den Stein. Hiervon empfing der Fels und nach vielfachem vorhergegangenen Stöhnen gebar derselbe im zehnten Monat den nach dem mütterlichen Namen benannten Acdestis. Dieser war von unbezwinglicher Stärke und unzugänglicher Wildheit, von unbändiger und rasender Gier, beiderlei Geschlecht angehörig; der das mit Gewalt Geraubte zu Grunde richtete, vernichtete, nach der ihn treibenden Wildheit; der weder um Götter noch Menschen sich bekümmerte und außer sich an nichts Mächtigeres glaubte, Erde, Himmel und Sterne verachtend.
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