Nr. 20
Unser Entschluß war diese Mysterien zu übergehen, wie auch jene zu verschweigen, in welche Phrygien und das ganze Volk dort eingeweiht ist; hinderte uns nicht der denselben eingemischte Name des Jupiters kurz die Unbilden und Beschimpfungen desselben zu berühren. Nicht als ob die Verhöhnung so unfläthiger Mysterien uns angenehm sey, sondern damit euch einmal über das anderemal klar werde, welche Unbilden ihr denen aufbürdet, als deren Wächter, Beschützer und Verehrer ihr euch zu erkennen gebt. Man erzählt: Als einst Diespiter in unerlaubter Lüsternheit und unzulässiger Begierde für die Mutter Ceres entbrannte: denn nach der Ueberlieferung der Bewohner jener Gegend war diese Jupiters Gebärerin; aber nicht wagte, was er mit frecher Gier erfaßt hatte, durch offene Gewalt zu erlangen, so habe er gar sinnreichen Trug erfunden, und um mittelst dessen die nichts solches für ihre Keuschheit befürchtende Mutter zu verderben, sey der Gott in einen Stier verwandelt, unter der Thiergestalt des Lauerers Vorhaben und Verwegenheit verhehlend, wüthend und mit schneller Gewalt über die Sichere und Harmlose hergefallen, habe seine Blutschänderische Lust vollbracht und sey dann nachdem durch die Begierde der Betrug sich aufgedeckt, wahrgenommen und erkannt, entflohen. Die Muttern entbrannt in Wuth und Unwille, habe geschäumt, geschnaubt, aufgebraust, und das Schreien und Stürmen vor Zorn nicht einzuhalten im Stande, durch die fortwährende Leidenschaftlichkeit in der Folge den Namen Brimo (die Zürnende) erhalten: denn sie hatte keine andere S. 150 Herzensangelegenheit, als die Dreistigkeit ihres Sohnes mit den in ihrer Macht stehenden Rachemitteln zuverfolgen.
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