Nr. 31
Ihr aber, die ihr eifrig versichert, Beschützer und Fortpflanzer ihrer Unsterblichkeit zu seyn, übergeht ihr irgend einen, ohne ihn mit euern Schmähungen zu verwunden? oder giebt es irgend eine Art schimpflichen Thuns, noch so verdammlich dem Gemeinurtheil, was ihr euch scheut, wenigstens durch des Namens Würde gehemmt, ihnen beizulegen? Wer hat ausgesagt, die Götter seyen in sterbliche und hinfällige Leiber verliebt gewesen? Nicht ihr? Wer, sie hätten in fremden Ehebetten die süßesten Diebstähle unternommen? Nicht ihr? Wer, es hätten die Söhne mit den Müttern, wer, es hätten hinwiederum die Väter mit ihren Töchtern unglückselig sich vermischt? Nicht ihr? Wer, sie hätten nach zarten Knaben und reizend geformten Jünglingen unehrbar verlangt? Nicht ihr? Wer hat sie als entmannt, als Buhler, als ihre Gestalt verändernd, als Räuber, als Gefangene, als Gefesselte, dann als durch Blitz getroffen, als verwundet, als den Tod am letzten Tag verfallen, auch als irdischer Begräbnisse theilhaft ausgesagt? Nicht ihr? Da folglich so viele und so große Vergehen den Göttern zum Schmipf durch euch zusammengebracht worden sind, wie wagt ihr den Vorwurf, unserer Sache wegen seyen die Götter beleidigt; umsomehr, da schon lange klar vorliegt, daß ihr solchen Grolles schuldig und des göttlichen Unwillens Urheber seyd?
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