Nr. 38
Entweder muß Alles folglich allegorisch geschrieben und gesagt, auch Alles mitsammen für uns zu erklären seyn; oder Nichts ist in dieser Weise verfaßt, weil, was zum Theil so zu seyn man glaubt, es nicht ist. Dieß Alles ward allegorisch geschrieben. Das scheint durchaus nicht außer Zweifel. Fragt ihr, welcher Ursache wegen? Weil jede Handlung und jedes in irgend eines Werkes Augenscheinlichkeit Bestehende nicht zur allegorischen Veränderung sich hinführen läßt: denn nimmer kann, was geschehen ist, ungeschehen seyn, oder der Handlung Natur in eine andere übergehen. Vermag man wohl den troianischen Krieg in Sokrates Verdammung umzuwandeln? oder jene Schlacht bei Kannae zur Achtserklärung und Grausamkeit des Sulla zu machen? kann man etwa die Proskription, gleichwie Tullius scherzt, die Schlacht bei Kannae nennen? Was aber schon vorher geschehen ist, kann nicht zugleich die Schlacht und auch die Proskription wieder seyn: denn, wie gesagt, das Geschehene kann nichts Anderes seyn als das was geschehen; noch vermag das in eigenthümlicher Kraft und in seiner Art Beschaffenheit Befestigte in eine andere Wesenheit überzugehen.
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