Nr. 12
Wird dieß Jemand, der eine auch nur geringe Meinung von den Göttern hat, ihnen wohl nachsagen? Oder, beschäftigen sie sich mit derlei Dingen, Planen, Sorgen, wer wird einsichtvoll glauben, sie seyen Götter, und sie nicht vielmehr den Sterblichen zurechnen? Dieser Acdestis, ich bitte, dessen Verstümmlung den Himmlischen Sicherheit geben sollte, war er ein irdischer Mensch oder irgend ein mit der Auszeichnung der Unsterblichkeit begabter Gott? Hielt man ihn für einen dem menschlichen Loos und Zustand Angehörigen, warum verursachte er den göttlichen Wesen solchen Schrecken? War er aber ein Gott, wie konnte er getäuscht, wie Etwas dem göttlichen Leibe abgeschnitten werden? Wir wollen jedoch hierwegen keine weitere Untersuchung anstellen; er mag göttlichen Geschlechtes oder des unsrigen gewesen seyn; haltet ihr dieß nun für richtiger: aus dem Blut und aus den abgeschnittenen Geschlechtstheilen ist ein Granatbaum entsproßt? oder, da jene Kraft von der Erde Schooß belebt worden, hat sie mit der Wurzel Grund gefaßt, trieb den Stamm empor, überschüttete die belaubten Aeste mit Blüthen und brachte im Verlauf der Zeit vollkommen gereifte eigenthümliche Früchte. Und weil sie aus dem rothen Blute entstanden sind, deßhalb ist die Farbe gelblich mit durchscheinendem Purpur. Füget hinzu, um deßwillen seyen sie auch triefend, weinartig, weil sie aus dem trunkenen Blute die Entstehung herleiten, und ihr vollendet schicklicher Weise die Erdichtung. O Abdera, Abdera! wie vielfache Gelegenheit zum Verlachen gäbest du den Sterblichen, wäre solch' eine Fabel in dir zu Wege gebracht worden. Alle Priester lehren und die stolzen Bürgerschaften vernehmen sie, du aber wirst als thöricht und der ungereimtesten Albernheit behaftet ausgesagt.
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