Siebenter Artikel. Gott ist ganz und gar einfach.
a) Es wird aus den Kreaturen, die doch, wie gesagt, für uns der einzige Schlüssel sind, um zur Erkenntnis Gottes zu gelangen, keineswegs erschlossen, daß Gott über alle Begriffe einfach ist. Denn was von Gott ist, das ist Ihm ähnlich und ahmt Ihn möglichst nach; weshalb vom ersten Sein herrührt alles, was ist, und vom ersten Gute alles, was gut ist. Nichts aber giebt es in dem, was von Gott kommt, was durchaus einfach wäre. Also ist Gott nicht durchaus einfach. Dazu tritt, daß nur was am besten ist, Gott zugeschrieben werden muß. Bei uns aber nimmt das Zusammengesetzte einen höheren Rang im Sein ein als was einfach ist, wie z. B. die Elemente der Dinge weit niedriger im Sein stehen, als was daraus zusammengesetzt erscheint und die Pflanzen wieder niedriger stehen, wie die mehr zusammengesetzten Glieder des Tierreichs. Somit kann nicht gesagt werden, daß Gott durch und durch einfach sei. Auf der anderen Seite sagt Augustin 6 de Trin. c. 6., daß „Gott wahrhaft und im höchsten Grade einfach ist“.
b) Ich antworte, daß Gott durchaus und ganz und gar einfach ist; und das wird vielfach bewiesen. 1. In Gott ist keine Zusammensetzung von ausgedehnten Teilen; denn Er ist kein Körper. Er läßt keine Zusammensetzung aus Stoff und Form zu. In Ihm ist das Princip des Einzelsein, das Suppositum nämlich, ganz dasselbe wie die Natur oder das allgemeine Wesen. In Ihm ist durchaus identisch: das Sein der Existenz und das Wesen. Er ist in keiner „Art“ einbegriffen, so daß Er bloß gemeinsam mit anderem Sein eine untergeordnete Gattung wäre. Keine Eigenschaft tritt zu seinem Sein hinzu, welche nicht dieses Sein selbst wäre. Also ist Er in keinerlei Weise zusammengesetzt und sonach durch und durch einfach. 2. Alles Zusammengesetzte ist als solches, wie auch immer es zusammengesetzt ist, erst unter Maßgabe der zusammensetzenden Elemente, von denen es abhängt, und ist nach diesen. Gott aber ist das erste Sein (Kap. 2, Art. 3). 3. Alles, was zusammengesetzt ist, hat eine Ursache für die Zusammensetzung. Denn was an und für sich vom anderen verschieden ist, wird mit letzterem nicht eins, wenn nicht eine außenstehenbe Ursache die Verbindung bewirkt. Gott aber hat keine Ursache, welche sein Sein bewirkte, da Er die erstwirkende Ulsache ist. 4. In jedem Zusammengesetzten ist Bestimmbares mit Bestimmendem, ist Potenz mit Akt. Denn entweder ist der eine von den Teilen bestimmbar mit Rücksicht auf den anderen; oder wenigstens stehen im selben Verhältnisse alle Teile zusammen zum Ganzen. In Gott aber ist keinerlei Bestimmbares. 5.Jedes Zusammengesetzte ist etwas, was von einem seiner Teile nicht ausgesagt werden kann. Das ist in solchen Zusammensetzungen ganz offenbar, wo der eine Teil dem anderen unähnlich ist. Kein Teil des Menschen z. B. ist Mensch und kein Teil des Fußes ist Fuß. Selbst aber auch in solchen Zusammensetzungen, wo die zusammensetzenden Teile einander ähnlich sind; wo also etwas vom Ganzen gilt, was auch vom Teile ausgesagt wird, wie z. B. jeder Teil der Luft Luft ist und jeder Teil des Wassers Wasser, giebt es etwas, was dem Ganzen zukommt, nicht aber einem einzelnen Teile. Denn wenn das Ganze des Wassers einen Kubikmeter hält, so kann dies nicht von einem Teile ausgesagt werden. So ist also in jeder Zusammensetzung etwas, was nicht das Zusammengesetzte selber ist. Wenn dies nun aber auch gelten mag von dem, was eine Wesenheit oder einen Seinsgrund hat, daß es nämlich etwas besitzt, was es nicht selber ist (wie in der Wand, welche die weiße Farbe hat, etwas zugleich ist, was nicht zum Wesen der weißen Farbe gehört); so ist doch in diesem Wesen oder Seinsgrunde selber nichts, was ihm fremd wäre (in dem reinen Wesen der weißen Farbe z. B. ist nichts, was nicht weiß wäre). Gott aber ist die reinste Form; Er ist vielmehr sein Sein selber. AIso kann Er in keiner Weise zusammengesetzt sein. Und diesen Grund berührt Hilarius (7. de Trin.) mit dm Worten: „Gott, welcher die Kraft selber ist, wird nicht durch ohnmächtige Elemente zusammengehalten werden; wer da Licht ist, entsteht nicht aus dem Dunklen.“
c) Die Kreaturen selber verkünden die Einfachheit Gottes. Denn das ist wesentlich mit allem Verursachten verknüpft, daß es zusammengesetzt ist, und daß somit eine erste Ursache besteht, welche alles wirkt und sonach nicht selber zusammengesetzt sein kann; sonst würde sie wieder eine Ursache verlangen. Zum mindesten aber wird in jedem Verursachten eine Zusammensetzung sein zwischen dem Wesen und dem thatsächlichen Sein der Existenz. Denn kein Wesen im Verursachten kann sich selbst die Existenz geben; es wäre ja, ehe es wäre. Ebenso sind wohl die zusammengesetzten Dinge für uns besser als die einfachen; denn die Vollendung der Kreatur wird nicht in Einem gefunden, sondern in Vielem. Gottes Vollendung aber ist eine im höchsten Grade einfache; sie ist sein eigenes Sein.
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