Erster Artikel. Die „notionalen“ Thätigkeiten werden mit Recht von den Personen ausgesagt.
a) Dagegen spricht: I. Boëtius (de Trin.): „Alle Arten von Sein, sobald sie über Gott ausgesagt werden, werden zur Substanz Gottes; ausgenommen die Relativa.“ „Thätigsein“ aber ist eine von den zehn Seinsarten. Wird also das Thätigsein von Gott ausgesagt, so muß es in Gott Substanz sein; und darf nicht auf eine Person sich beziehen. II. Augustin sagt ähnlich (5. de Trin. 4. u. 5.): „Jegliches, was über Gott gesagt wird, gilt entweder von der Substanz oder von den Relationen.“ Nun bezeichnen aber das, was zur Substanz gehört, die Wesensattribute; was zur Relation gehört, die Eigenheiten und die Namen der Personen. Also sogenannte notionale Thätigkeiten sind für Gott nicht zukömmlich. III. Das Eigentümliche des Thätigseins ist, etwas zu bestimmen. In Gott aber ist nichts Bestimmbares. Auf der anderen Seite sagt Augustin (Fulgentius de fide ad Petr. c. 2.): „Dem Vater ist es eigen, daß Er den Sohn zeuge.“ Zeugen aber ist ein notionaler“ Alt. Also gelten „notionale“ Thätigkeiten von Gott. 162.
b) Ich antworte, daß in Gott ein Unterschied angenommen wird gemäß dem Ursprünge. Der Ursprung kann aber nur durch einzelne Thätigkeiten gekennzeichnet werden. Also mußten demgemäß den einzelnen Personen einige Thätigleiten zugeschrieben werden; und diese nennt man „notionale“, d. h. den Charakter der betreffenden Person begrifflich bekannt machende. 164.
c) I. Jeglicher Ursprung wird gekennzeichnet durch eine gewisse Thätigkeit. Nun gehen von Gott erstens die Kreaturen aus; und da dies den drei Personen gemeinsam ist, dienen die dementsprechenden Namen zur Bezeichnung des Wesens. Dann gehen in Gott die Personen nach innen aus. Und danach werden Thätigkeiten angenommen, welche die Beziehung der einen Person zur anderen ausdrücken; und danach nationale genannt werden. II. Die „notionalen“ Thätigkeiten unterscheiden sich von den Relationen nicht dem wirklichen Sein nach, sondern in der Auffassung der Vernunft; wie der Magister (I. Sent. dist. 26.) sagt: „Zeugung“ und „Geburt“ werden mit anderen Namen „Vaterschaft“ und „Sohnschaft“ genannt. Um das klar zu machen, sei darauf hingewiesen, daß zuvörderst man aus der Bewegung den Ursprung des einen vom anderen erfaßt. Denn weil ein Ding von der Lage, die es einnimmt, durch die Bewegung entfernt wird, kann dies nicht von dem Dinge selber an erster Stelle kommen, sondern dies ergiebt sich offenbar aus einer vom Dinge unterschiedenen Ursache. Und deshalb schließt das Thätigsein oder Verursachen gemäß der ersten Auffassung des Namens den Ursprung der Bewegung ein. Denn gleichwie die Bewegung, soweit sie im Beweglichen von emem anderen her sich findet, Leiden (Bestimmtwerden) genannt wird; so wird der Ursprung der Bewegung selber, insofern sie von dem einen als dem Anstoßgebenden beginnt, und in dem, wohin die Bewegung zielt, endet, Thätigkeit genannt, Alt. Wird also die Bewegung entfernt, so bringt die Thätigkeit, die actio, nichts Anderes mit sich, wie die Beziehung nämlich, Ursprung zu sein, gemäß welchem von einem Princip etwas ausgeht in das, was vom Princip ist. Da also in Gott keine Bewegung ist, so will da Thätigkeit nur besagen die Beziehung des Princips zu dem, was vom Princip ist und diese Beziehung ist eben die „Relation“ selber. Wir jedoch müssen nach unserer Auffassungsweise, die von dem Sichtbaren die Erkenntnis empfängt, über Gott sprechen; und da, in dem sinnlich Wahrnehmbaren, sind Thätigsein und Leiden, Geben und Empfangen, Bestimmen und Bestimmtwerden etwas Anderes wie die Beziehungen, welche erst darauf sich gründen und daraus folgen. Und deshalb werden die Verhältnisse der relationes zu einander in Gott einerseits bezeichnet als Thätigkeit oder nach Art der Thätigkeit; und andererseits als Relationen. III. Der Thätigkeit in den göttlichen Personen entspricht kein Leiden; weil da keine Bewegung ist. Nur aus grammatikalischen Rücksichten wird gesagt: Der Vater zeugt; der Sohn wird gezeugt; nur um zu bezeichnen, wie in Gott nach unserer Auffassungsweise unsere Redeweise Geltung hat. 169.
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