Zweiter Artikel. Die „ausgehende“ Person ist gleich ewig mit ihrem Princip wie der Sohn mit dem Vater. V.
a) Dagegen spricht: I. Arius zählt zwölf Weisen der Zeugung auf: 1. Wie vom Punkte die Linie ausgeht; da fehlt die Gleichheit in der Einfachheit; 2. wie der Strahl von der Sonne; da fehlt die Gleichheit der Natur; 3. wie vom Stempel das Gepräge in Wachs ausgeht; da fehlt die gemeinsame eine Substanz und die Wirksamkeit der Macht; 4. wie von Gott der gute Wille ausgeht und eingegeben wird; da fehlt auch die gemeinsame eine Substanz; 5. wie von der Substanz die Eigenschaft ausgeht; da fehlt letzterer das Für-sich-bestehen; 6. wie von dem Stoffe die Form losgelöst wird, z. B. die Farbe, welche das Auge zum Sehen befähigt; da fehlt die Gleichheit der geistigen Einfachheit; 7. wie von der Kenntnis die Anregung des Willens, wo letztere vorübergeht, erstere bleibt, also auch keine Gleichheit ist; 8. wie vom Erze das geformte Bild; da ist die Veränderung eine rein stoffliche; 9. wie die Bewegung vom Bewegenden; hier ist dieselbe Ungleichheit wie zwischen Wirkung und Ursache; 10. wie die Gattung von den Arten ausgeht; was Gott nicht zukommen kann, der innerhalb keiner Art oder Gattung ist; 11. wie das Kunstwerk vom Ideal im Geiste; 12. wie vom Vater der Sohn; hier ist „vor“ und „nach“ gemäß der Zeit. Es steht also fest, daß bei jeder Art von „Ausgehen“ entweder die Gleichheit der Natur fehlt oder die der Dauer. Also muß der Sohn geringer sein wie der Vater oder später oder beides. II. Was vom anderen ist, hat em Princip; nichts Ewiges aber hat ein solches. Also ist der Sohn und der heilige Geist nicht ewig. III. Was vergeht, hört auf zu sein. Also was gezeugt wird, beginnt zu sein. Der Sohn aber ist gezeugt vom Vater. IX. IV. Entweder wird der Sohn immer gezeugt; — und so ist Er nie vollkommen vorhanden; da was im Werden ist, nicht vollkommenes Sein hat. Oder es besteht ein Augenblick, wo Er gezeugt ist; — und dann war Er vorher nicht. X. Auf der anderen Seite sagt Athanasius: „Die drei Personen sind gleich ewig.“
b) Ich antworte, es sei durchaus notwendig, daß der Sohn mit dem Vater gleich ewig sei. Denn es wird von zwei Seiten her von etwas, was von einem Princip aus existiert, ausgesagt, es sei später als dieses. Eimnal von seiten des Wirkenden; dann von seiten der Wirksamkeit. Und von seiten des Wirkenden ist es wieder anders mit Rücksicht auf die mit freiem Willen Wirkenden und anders mit denen kraft ihrer Natur als dem Princip des Wirkens Wirkenden. In den ersteren ist die Wirkung später auf Grund der Auswahl der Zeit, in der man sie herstellen will; denn es steht den mit freiem Willen Wirkenden frei, sowohl die Form zu wählen, welche sie der Wirkung geben wollen als auch die Zeit. Und in den kraft der Natur Wirkenden trifft es zu, daß die Wirkung „später“ ist als ihr Sein, weil ein solches Wirkende nicht von Anfang an seine ganze natürliche Vollendung hat; wie z. B. der Mensch nicht zeugen kann gleich vom Beginne seines Seins an. Dann wird von seiten der Wirksamkeit es in dem Sinne gehindert daß das, was vom Princip ist, zugleich sei mit dem Princip, weil die Wirksamkeit nicht ganz zugleich ist, sondern erst nach und nach die Wirkung ihr folgt. Wenn also ein solches Wirkende auch gleich im Augenblicke, daß es ist, zu wirken anfinge, so würde doch nicht im selben Augenblicke die Wirkung sein, sondern im Augenblicke, wo die betreffende Wirksamleit zu Ende wäre. Nun erzeugt aber der Vater nicht kraft des Willens, sondern kraft der Natur. Ferner ist diese Natur von Ewigkeit her vollkommen. Dann ist das Thätigsein Gottes nicht nach und nach, sonst wäre es mit Bewegung verbunden und stofflich; sondern dieses Thätigsein ist zugleich die göttliche Substanz. Also folgt, daß der Sohn immer mit dem Vater war. Und ähnlich gilt dies vom heiligen Geiste.
c) I. Kein „Ausgehen“ der Kreatur stellt mit Vollkommenheit dar die Art und Weise des göttlichen „Ausgehens“, wie Augustin (de verbis dom. sermo. 38.) sagt. Also aus vielen Arten von „Ausgehen“ in den Kreaturen muß die Ähnlichkeit und Vollkommenheit herausgenommen werden, damit, was in der einen an Unvollkommenem ist, aus der anderen ergänzt werde. Und deshalb sagt die Synode von Ephesus: „Das Mitexistieren des Sohnes mit dem Vater von Ewigkeit, das zeige dir der Glanz an. Die gleiche eine Substanz deutet der Name „Sohn“ an. Daß die Geburt kein Bestimmtwerden, kein Leiden war, darauf weist das „Wort“ hin.“ Das Ausgehen des Wortes aber in der Vernunft ist die beste Darstellung nach dieser Seite hin. Denn das Wort ist nicht später als das, wovon es ausgeht, wenn nicht die Vernunft eine solche ist, daß sie vom reinen Vermögen zur Thätigkeit erst übergeht. II. Die Ewigkeit schließt aus ein Princip, einen Anfang der Dauer; aber nicht den Ursprung des Seins. III. Jedes Vergehen ist eine Änderung. Und deshalb hört alles dem Vergehen Ausgesetzte zu sein auf und fängt auch zu sein an. Die Zeugung aber in Gott ist keine Änderung. (Kap. 27, Art. 2.) IV. In der Zeit besteht ein Unteilbares, der Augenblick; und ein Dauerndes, die Zeit. In der Ewigkeit jedoch ist der unteilbare Augenblick selber stehend oder dauernd. Die Zeugung des Sohnes aber ist nicht in einem Augenblicke der Zeit, sondern im Augenblicke der Ewigkeit, der nie endet und nie anfängt. Und deshalb, um die stete Gegenwart und Dauer der Ewigkeit auszudrücken, kann gesagt werden: „Der Sohn wird immer geboren.“ Aber, wie Gregorius (29. moral. c. I.) und Augustin (ps. 2.) sagen, besser ist es, zu sagen: Er ist immer geboren; wo das immer die Dauer der Ewigkeit ausdrückt, und das „ist geboren“ die Vollendung des Gezeugten.
