Erster Artikel. Dem Charakter einer göttlichen Person widerstrebt e5 nicht, daß sie gesanot werde.
a) Dagegen spricht: I. Der Gesendete ist geringer als derjenige, welcher sendet. Die göttlichen Personen aber sind alle einander gleich. II. Hieronymus sagt (in Ezech. lib. 5. ut portes): „Was verbunden ist und zu einem Körper vereint, kann nicht gesandt werden.“ Die göttlichen Personen aber sind im höchsten Grade eins im einen Wesen. III. Was gesendet wird, geht von einem Platze hinweg und kommt zu einem anderen. Die göttlichen Personen aber sind überall. Also kommt es ihnen nicht zu, gesendet zu werden. Auf der anderen Seite heißt es bei Joh. 8, 16.: „Ich bin nicht allein, sondern ich, und der mich gesandt hat, der Vater.“ C. CI.
b) Ich antworte, zum Charakter einer Sendung gehören zwei Dinge: 1. Die Beziehung dessen, der sendet, zu dem, der gesandt wird; 2. die Beziehung des Gesendeten zu dem, wohin und wozu er gesendet wird. Dadurch nun, daß jemand gesendet wird, offenbart sich ein „Ausgehen“ des Gesendeten vom Sendenden; entweder gemäß einem Befehle, wie der Herr den Knecht sendet; oder gemäß einem Rate, wie vom Ratgeber gesagt wird, er schicke den König in den Krieg; oder gemäß dem Ursprünge, wie von der Blüte gesagt wird, der Baum entsende sie. Die Beziehung des Gesendeten aber zum Abschlüsse seiner Sendung offenbart sich dadurch, daß etwas da, am Endpunkte seiner Sendung, in irgend einer Weise zu sein beginnt; sei es daß es vorher in keiner Weise da war, wohin es gesendet wird, sei es daß es in einer Art und Weise da ist, in der es früher da nicht war. Demnach kann nun einer göttlichen Person es zukommen, gesendet zu werden, insofern in der Sendung ein „Ausgehen“ vom Sendenden eingeschlossen wird dem Ursprünge nach; und insofern die göttliche Person auf eine neue Art im anderen existiert, wie sie vorher da nicht existiert hat. So z. B. ist der Sohn in die Welt gesendet worden, insofern Er anfing, in der Welt zu sein gemäß dem angenommenen Fleische; während Er doch früher auch schon in der Welt war. CV.
c) I. „Gesendet werden“ schließt mit Rücksicht auf den Sendenden ein Mindersein ein, insofern der Gesendete vom Sendenden ausgeht, sei es gemäß dem Befehle oder gemäß dem Rate; denn der Befehlende ist mächtiger und der Ratende weiser. In Gott aber wird darunter nur das „Ausgehen“ dem Ursprünge nach verstanden; und dieses „Ausgehen“ geschieht gemäß vollkommener Gleichheit. II. Was so gesendet wird, daß es früher da in keiner Weise war, wohin es gesendet wird, das bewegt sich kraft seiner Sendung dem Orte nach; — und somit trennt es sich vom Sendenden. So verhält es sich aber mit der Sendung in Gott nicht. Die göttliche Person fängt nicht an, da zu sein, wo sie früher nicht war; noch hört sie auf, da zu sein, wo sie früher war. Es besteht da nur gemäß dem Ursprünge, dem „Ausgehen“ ein Unterschied. III. Damit ist zugleich auf den dritten Einwurf geantwortet.
