Zweiter Artikel. Die Sendung im Verhältnisse zu Zeit und Ewigkeit.
a) Es scheint, daß die Sendung von Ewigkeit sein könnte. Denn: I. Gregor der Große sagt, „daß der Sohn eben dadurch gesandt wird, daß Er gezeugt ist.“ Die Zeugung aber ist eine ewige. II. Wem es zukommt, der Zeit nach gesandt zu werden, der unterliegt einer Änderung; was von einer göttlichen Person nicht gelten kann. III. Das „Gesendetsein“ schließt ein „Ausgehen“ dem Ursprünge nach ein. Letzteres aber ist bei den göttlichen Personen von Ewigkeit. Auf der anderen Seite sagt Paulus Gal. 4, 4.: „Da die Fülle der Zeit kam, sendete Gott seinen Sohn.“
b) Ich antworte, daß in dem, was mit Rücksicht auf das „Ausgehen“ der göttlichen Personen gesagt wird, ein Unterschied sich geltend macht. Denn manche Prädikate schließen nur die Beziehung zum Princip ein: wie „Ausgehen“, „Hervorgehen“. Andere Prädikate bezeichnen zugleich mit der Beziehung zum Princip den Abschluß des „Ausgehens“ mit. Und unter diesen drücken die einen den Abschluß in und gemäß der Ewigkeit aus; wie „Zeugen“ und „Hauchen“; — die anderen aber richten sich zugleich mit der Beziehung zum Princip auf einen zeitlichen Abschluß wie „Senden“, „Schenken“. Denn es wird etwas entsendet, damit es in irgend etwas sei; und es wird geschenkt, damit es vom anderen besessen werde. Daß aber eine göttliche Person in einer Kreatur auf eine neue Art und Weise sei und daß sie von dieser besessen oder gehabt werde; das ist etwas Zeitliches. Sonach wird „Senden“ und „Schenken“ von Gott nur der Zeit nach ausgesagt; — „Zeugen“ und „Hauchen“ nur von Ewigkeit her; — „Ausgehen“ aber und „Hervorgehen“ der Ewigkeit und der Zeit nach. Denn der Sohn ist von Ewigkeit ausgegangen, daß Er Gott sei; und Er ist in der Zeit ausgegangen, daß Er Mensch sei gemäß der zeitlichen Sendung oder auch, daß Er im Menschen sei gemäß der unsichtbaren Sendung.
c) I. Gregor spricht von der zeitlichen Zeugung Christi seitens der Mutter; oder weil der Sohn daraus selber es hat, daß Er gesendet werden kann, weil Er in Ewigkeit gezeugt ist. II. Daß eine göttliche Person nach einer neuen Art und Weise in einer Kreatur ist; dies kommt nicht von einer Änderung in der göttlichen Person, sondern von der Änderung in der Kreatur; wie Gott der Zeit nach Herr genannt wird infolge der Änderung in der Kreatur. III. „Sendung“ schließt nicht nur ein das Ausgehen von einem Princip, sondern drückt zugleich den Abschluß des Ausgehens ein. Deshalb ist das „Gesendetsein“ entweder nur der Zeit nach ausgesagt; — oder es schließt wohl das „Ausgehen“ in der Ewigkeit ein, aber fügt etwas hinzu, nämlich die Wirkung in der Zeit. Denn die Beziehung der göttlichen Person zu ihrem Princip ist nur ewig. Deshalb wird von einem doppelten „Ausgehen“ in Gott gesprochen, von einem ewigen und einem zeitlichen; nicht etwa als ob die Beziehung zum Princip verdoppelt würde, sondern dieses Zweifache rührt von seiten des Abschlusses her; da das eine „Ausgehen“ in die Ewigkeit hineinmündet, das andere in die Zeit.
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