Achter Artikel. Es kann eine göttliche Person von einer anderen gesendet werden, wie von jener, von welcher sie in Ewigkeit ausgeht.
a) Dagegen spricht: I. Augustinus (4. de Trin. cap. ult.), der da sagt: „Der Vater wird von keinem gesendet, weil Er von keinem ausgeht.“ Also damit eine Person von einer anderen gesendet werde, muß sie in Ewigkeit von dieser ausgehen. II. Der da sendet, hat Autorität rücksichtlich desjenigen, den er sendet. In Gott aber ist keine Autorität der einen Person über die andere, außer gemäß dem Ursprünge. Also die Person, die gesendet wird, ist von jener, von der sie gesendet wird. III. Könnte eine göttliche Person gesendet werden von jenem, von dem sie nicht ist, so könnte der heilige Geist auch vom Menschen gegeben werden, trotzdem Er nicht vom Menschen ist. Das aber ist gegen Augustin (15. de Trin. 26.). Auf der anderen Seite heißt es Is. 48, 16.: „Nun hat mich gesendet Gott der Herr; und sein Geist;“ wonach der Sohn, der dies spricht, vom heiligen Geiste gesendet wäre. Der Sohn aber ist nicht vom heiligen Geiste. Also kann die eine Person von einer anderen gesendet werden, von welcher sie nicht ist.
b) Ich antworte, daß betreffs dieses Punktes verschiedene Meinungen existieren. Nach einigen nämlich wird eine göttliche Person nur von jener gesendet, von der sie ist. Und wird deshalb an einigen Stellen der Schrift gefunden, daß der heilige Geist den Sohn sendet, der nicht von Ihm ist, so beziehen sie dies auf die menschliche Natur des Sohnes, gemäß welcher Er vom heiligen Geiste zur Predigt der Wahrheit gesendet worden ist. Augustin aber sagt (2. de Trin. c. 5.): „Der Sohn wird gesendet sowohl von Sich selber wie vom heiligen Geiste; und auch der heilige Geist wird gesendet sowohl von Sich selber wie auch vom Sohne.“ Und danach würde das „Gesendet werden“ in Gott nicht jeder Person zukommen, sondern nur der Person, welche von einem anderen ist; das „Senden“ aber käme jeder Person zu. Beides ist in gewisser Weise wahr. Denn wenn von einer Person gesagt wird, sie werde gesendet, so wird sowohl eine Person bezeichnet, die von einem anderen ihr Sein hat als auch die sichtbare oder unsichtbare Wirkung, gemäß der man von einer Sendung spricht. Wenn also jener, der da sendet, bezeichnet wird als das Princip der Person, welche gesendet wird; so sendet nicht eine beliebige Person, sondern jene allein, welche das Princip der betreffenden Person ist. So also wird der Vater nur vom Sohne gesendet und der heilige Geist von Vater und Sohn. Wenn aber darunter, daß jemand sendet, verstanden wird, daß Er das Princip der Wirkung sei, gemäß der die Sendung aufgefaßt wird, so sendet die ganze Dreieinigkeit die gesendete Person. Deshalb aber vermag nicht der Mensch, den heiligen Geist zu geben, denn er kann die Wirkung der Gnade nicht verursachen. Damit schließt der Engel der Schule seine tiefe, lichtvolle Abhandlung über die Dreieinigkeit. Das erhabenste Geheimnis bleibt in seiner vollen, unzugänglichen Innerlichkeit. Aber Thomas hat geöffnet die Katarakten des Himmels, daß heilsame Wasserwogen herabströmen. Die Natur leuchtet unter den wonnigen Lichtstrahlen von oben. Bald wird nun der Meister auch die Quellen der Untiefen des geschöpflichen Seins und Lebens öffnen, auf daß von beiden Seiten her, von unten und von oben, die Erde überschwemmt werde von den Wassern des Heiles und so es erscheine, wie sehr recht der Psalmist hat, wenn er sagt: „Die Erde ist voll der Barmherzigkeit Gottes.“ Wovon hängt all unser Wirken schließlich ab? „Von der unsichtbaren Sendung der heiligen drei Personen.“ Sie bringen mit sich als reines Geschenk die heiligmachende Gnade. Erst weil die heiligen drei Personen der Seele das Vermögen dazu gegeben; erst weil sie dieselbe bis zu ihnen selbst über alle sichtbare Natur erhoben haben; erst auf Grund ihrer eigenen Wirkung also nehmen sie Platz in der Seele. Was bringt aber diese Gnade mit sich? Die Freiheit, die wahre Selbständigkeit im Handeln. Denn so sagt Paulus: „Gebrauchet die Freiheit, welche Christus euch gebracht.“ Erst aber diese Freiheit und vor allem diese verdienstvolle Selbständigkeit macht unser Wirken fruchtbar. Was will das heißen, daß die göttlichen Personen in uns gesendet werden? Nichts Anderes, als daß wir Gott, den höchsten Grund, im Glauben erkennen; nichts Anderes, als daß wir Ihn wie unseren einzigen Zweck lieben. Der gekannte Gegenstand ist ja im Erkennenden; der geliebte Gegenstand ist im Liebenden. Wie fruchtbar aber muß dann das Wirken der vernünftigen Kreaturen sein, wenn der höchste und allbestimmende Grund es leitet; wenn das einzig fruchtbare Gut es anzieht! Dann kann es gar nicht fehlen, daß eine solche Thätigkeit alle andere rein natürliche Thätigkeit erhebt und heiligt und die wahre Herrschaft in höherem Grade wieder bringt, welche dem Menschen einst thatsächlich verliehen worden war. Wozu auch können denn die hochheiligen drei Personen in unserer Seele uns anders führen als zu dem Schatze, aus welchem sie selbst gleiches Sein, gleiches Leben, gleiche Macht, Weisheit, Güte, undurchbrechbare Einheit, schöpfen; zur Anschauung und zum seligen Besitze jenes allerhabenen, allherrschenden, alles erfüllenden Gutes, woraus jegliches Ding es hat, daß es ist, daß es gut, daß es wahr ist! Von der unsichtbaren Sendung in uns hängt unser Wirken, hängt unser Heil somit ab. Der Sohn wird gesendet, weil er vom Vater ausgeht und von Ihm alles Sein hat; der heilige Geist wird gesendet, weil Er von Vater und Sohn ausgeht und von diesem gemeinsamen Princip alles Sein hat. Was will das bedeuten? Soll Gutes in dir sein, soll Wahrheit, soll irgendwie Sein in dir sich finden; du hast es nur, soweit du es durch die Sendung erhalten hast. Die heiligen drei Personen wirken in dir nur in der Weise, daß der Sohn alles vom Vater hat, der heilige Geist alles von Vater und Sohn; und daß der heilige Geist, der zuerst dir geschenkt wird, so leitet, wie Er selber gesendet worden, wie Er selber ausgegangen ist. Er lehrt dich das, was Er vom Sohne empfangen hat; und der Sohn hat es vom Urprincip. Du darfst nur lehren, wozu dich die Sendung befähigt. Alles in Gott beruht auf der Sendung. Alles in der Kirche beruht auf der Sendung. Du kannst dein Heil, du kannst Gott den Vater nur finden, wenn du schrankenlos mit dem heiligen Paulus ausrufst: „Was hast du, das du nicht empfangen.“ Siehe da die vorzügliche Lehre, welche du aus der Betrachtung der heiligen Dreieinigkeit behalten sollst. Es ist das Fundament alles christlichen, alles kirchlichen Lebens. Es ist die Vorbedingung für das Wirken des heiligen Geistes in deiner Seele. Die heiligste Dreieinigkeit ist rein in Sich. Der Vater sendet den Sohn, der Sohn den heiligen Geist gerade so wie Er ihnen Sein gegeben hat. In die Zeugung des Sohnes, in das Ausgehen des heiligen Geistes hat sich kein fremdes Element einzumischen; keinerlei Nichts hat sich da geltend zu machen. Auch die Sendung fließt rein aus der Liebe und Güte des Vaters. Nichts darf sich da hineinmischen, als die Ratschlüsse der ewigen Weisheit. Willst du dieser Sendung teilhaftig werden oder vielmehr willst du ein etwaiges Merkmal haben, daß die unsichtbare Sendung in dir waltet? Laß dich nicht von der Welt und dem Fleische bestimmen; nicht endgültig von deiner natürlichen Vernunft; Gott, sein Wille, seine Gebote müssen in erster Linie für dich bestimmend sein. „Vierzig Tage und vierzig Nächte hörte es nicht auf zu regnen.“ O, daß doch die Wasser des Heiles von unten aus den Quellen der Untiefen und die Wasser des Heiles von oben aus den Katarakten des Himmels deine Seele überschwemmten! Daß du immerdar und nach allen Richtungen, bei Tag und bei Nacht, in Glück und Unglück die vier Kardinaltugenden in der Erfüllung der zehn Gebote ohne Unterlaß bethätigest und so alle Kreatur, die unter dir ist, durch gerechtes Urteil, weises Maßhalten, unverbrüchliche Festigkeit, stets den letzten Zweck in himmlischer Klugheit vor Augen, in die Arche hinein nähmest, die auf den vielen Wassern schwimmt und auf nichts Irdisches mehr stößt! Bestimme über die Stofflose Natur; mach' dich nicht zum Sklaven derselben, daß sie über dich bestimme! Bestimmst du in freier Selbständigkeit, so ist dies eine Wirkung der unsichtbaren Sendung von oben! Wenn wir anfangen zu hassen, was die Welt liebt; als Gäste uns zu fühlen in dieser wechselvollen, wesenslosen Wirklichkeit, die uns umgiebt und nur das annehmen, was uns der himmlische Verwalter zuteilt; wenn wir auf das blicken, was noch nicht erscheint und alles Zeitliche an sich verachten; wenn wir der Welt uns bedienen, als ob wir dieselbe nicht gebrauchten; wenn unser Aufenthalt, der Gedanke unseres Geistes, die Liebe unseres Herzens im Himmel ist; — dann werden wir ähnlich dem Vater, der im Himmel ist; wir leben dann von seiner bestimmenden Kraft, denken in seiner Weisheit, verlangen nach seiner Liebe, werden selber fähig, einstmals in uns sein Wesen zu schauen und schauend zu besitzen. „O Wahrheit;“ so schließen wir mit den Worten des heiligen Bernard (11. in Cant.); „o Liebe; o Ewigkeit! O selige und beseligende Dreieinigkeit! Zu dir seufzt die Dreieinigkeit meines Elends! Meine Vernunft täuscht sich in ihren Urteilen, mein Wille ist hin- und hergejagt von ruhelosen Begierden, mein Gedächtnis ist beschämt in seinem vielfachen Vergessen. Du, der du einst das volle Licht meiner Vernunft sein wirst, der du anfüllen wirst all das Verlangen meines Willens und in der Ewigkeit mein schwindendes Gedächtnis festigen wirst; du, sei mir nahe in meiner unglückseligen Verbannung! Ach! welches dreifache Elend haben wir anstatt deiner eingetauscht: Irrtum, Schmerz, Angst. Mein Herz ist verwirrt; daher der Schmerz. Meine Kraft hat mich verlassen; daher die Angst. Das Licht meiner Augen ist nicht mehr mit mir; daher der Irrtum. Siehe da, o heilige Dreieinigkeit meiner Seele, welch unähnliche Dreieinigkeit du da findest. Aber warum bist du traurig, meine Seele; und warum bringst du mich in Verwirrung? Hoffe auf Gott; denn ich will Ihn noch preisen; dann nämlich, wann der Irrtum von der Vernunft, der Schmerz vom Willen, die Angst vom Gedächtnisse entfernt sein wird; und wenn an die Stelle getreten sein wird, wie wir hoffen, wundervolle Heiterkeit, ausnahmslose Lieblichkeit, ewige Sicherheit. Die erste wird verleihen Gott die Wahrheit, die zweite Gott die Liebe, die dritte Gott die Allmacht; daß Gott sei alles in allem und die Vernunft in sich aufnehme unverlöschliches Licht, der Wille unstörbaren Frieden, das Gedächtnis mangellosen Halt in der Ewigkeit!“
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