Achter Artikel. Die Art und weise, wie zwischen den heiligen Engeln Kampf und Zwietracht besteht.
a) I. Job sagt 25, 2. von Gott: „Der da Eintracht herstellt unter den erhabenen Geistern.“ Streit aber steht der Eintracht gegenüber. Also ist unter den Engeln kein Streit. II. Wo vollkommene Liebe herrscht, da ist kein Streit. Unter den Engeln aber ist vollkommene Liebe. III. Sollen die Engel kämpfen für jene, die von ihnen beschützt werden, so muß der eine Engel den einen Teil beschützen, ein anderer den anderen. Ein Teil muß aber unrecht haben. Also hätte ein heiliger Engel das Unrecht beschützt; was unzukömmlich ist. Auf der anderen Seite heißt es Dan. 10, 13.: „Der Fürst des Perserreiches hat mir widerstanden“ (nämlich dem Erzengel Gabriel). Der Fürst des Perserreiches aber war der Schutzengel desselben. Also ist Kampf und Streit zwischen den Engeln.
b) Ich antworte, diese Frage sei aufgetaucht wegen der Stelle Daniels. Hieronymus erklärt sie so; der Fürst des Reiches der Perser sei ein Engel, der sich der Befreiung des Volkes Israel widersetzte, für welche Daniel zu Gott flehte; und Gabriel brachte des Propheten Gebete vor Gott. Dieser Widerstand aber konnte stattfinden, weil der Fürst einiger Dämonen die Juden, welche nach Persien geführt worden waren, zur Sünde verleitet und so ein Hindernis gesetzt hatte für die barmherzige Befreiung des Volles Israel von seiten Gottes. Und dieses Hindernis stand dem Gebete Daniels für dieses nämliche Volk entgegen. Nach Gregor jedoch war „der Fürst des Perserreiches ein guter Engel, der dem Perserreiche zum Schutz gegeben worden war“. (17. moral. c. 8.) Dabei ist nun zu erwägen, daß die göttlichen Ratschlüsse betreffs der verschiedenen Reiche und Menschen durch die Engel ausgeführt werden. In ihren Thätigkeiten aber werden die Engel durch den göttlichen Ausspruch geleitet. Nun trifft es sich bisweilen, daß in den verschiedenen Reichen und Menschen sich gegenüberstehende Verdienste oder Mißverdienste gefunden werden, gemäß welchen das eine dem anderen unterworfen zu sein oder es zu beherrschen verdient. Was nun darüber die Ordnung der göttlichen Weisheit in sich enthält, das können die Engel nicht erkennen, außer wenn es ihnen Gott offenbart; so daß sie deshalb die göttliche Weisheit um Aufklärung bitten müssen. So also, insoweit sie bei entgegengesetzten und sich widerstreitenden Verdiensten solcher Völker und Menschen Gottes Willen erfahren wollen und zu Ihm flehen; heißt es von den Engeln, sie widerständen sich gegenseitig. Das bedeutet nicht, als ob der Wille des einen dem des anderen entgegengesetzt wäre; denn darin sind alle einig, daß sie Gottes Willen erfüllen. Aber die Dinge, worüber sie Gottes Willen anrufen und selben zu kennen wünschen, sind einander entgegengesetzt.
