Kapitel 14: Das innere und das ausgesprochene Wort
Das ist also eine Einteilung des Seelenvermögens; durch diese Einteilung werden zugleich verschiedene Teile des Körpers gegliedert. Eine zweite Einteilung des Vernunftteils der Seele gibt es noch auf andere Art: das sogenannte innere Wort und das ausgesprochene. Das innere Wort ist die Bewegung der Seele, die Sich im Unterscheidungsvermögen ohne eine stimmliche Aeußerung vollzieht. Daher durchgehen wir oft mit Schweigen eine ganze Rede in unserem Geiste; in den Träumen sprechen wir laut. Gerade in dieser Beziehung sind wir alle vernunftbegabt. In dem ausgesprochenen Wort zeigen wir uns nicht so vernunftbegabt wie mit diesem inneren. So sind z. B. die Menschen, die seit Geburt stumm sind, und die Leute, die durch ein Leiden oder eine Krankheit die Sprache verloren haben, ebenso vernunftbegabt. Das ausgesprochene Wort besitzt in der Stimme und in den Mundarten seinen wirksamen Ausdruck. Zur Stimme gehören viele Hilfsmittel. Die Muskeln, die innen zwischen den Rippen liegen, die Brust, die Lunge, die Luftröhre, die Kehle, unter diesen Teilen besonders das Knorpelartige, die rückläufigen Nerven, der Kehldeckel sowie sämtliche Muskeln, die diese Glieder bewegen, sind Hilfsmittel der stimmlichen Aeußerung. Das Werkzeug der Sprache ist der Mund; in ihm bildet, formt und gestaltet sich ja gewissermaßen die Sprache. Die Zunge und das Zäpfchen im Munde spielen dabei die Rolle eines Schlegels, der Gaumen dient zum Widerhall; die Zähne und die besonders geartete Mundöffnung erfüllen wie bei einer Leier die Aufgabe der Saiten; auch die Nase trägt etwas zum Wohl- oder Mißton bei; das sieht man deutlich an den Sängern.
