Kapitel 27: Die Bewegung des Triebes oder die des freien Willens, die zum Begehrungsvermögen zählt.
Ausgangspunkt für die Bewegung des freien Willens oder die des Triebes ist das Gehirn und das Rückenmark, das seinerseits einen Teil des Gehirnes bildet. Ihre Werkzeuge sind die Nerven, die von diesen Teilen (Gehirn und Rückenmark) stammen, ferner die Sehnen und die Muskeln. Die Muskeln bestehen aus Fleischteilen, aus nervenreichen Fasern und Sehnen, die mit den Fasern der Nerven verflochten sind. Daher vertraten einige die Meinung: die Muskeln sind deswegen mit Sinnesempfindung begabt, weil die Sinnesempfindung aus den Nerven entspringt, die mit den Muskeln verflochten sind. Die Sehne ist aus einem Band und dünnen Nerven zusammengesetzt. Vom Nerv unterscheidet sich die Sehne also: jeder Nerv ist mit Sinnesempfindung begabt, rund, ziemlich weich, und hat im Gehirn seinen Anfang; die Sehne dagegen ist härter, knöchern, an sich unempfindlich, manchmal breit. Die Hände sind das Werkzeug zum Greifen, das sich auch für die Gewerbtätigkeiten recht gut eignet. Nimmt man z. B. die Hände oder nur wenige Finger an den Händen weg, so macht man den Menschen zu fast allen Gewerbtätigkeiten völlig unbrauchbar. Darum weil eben der Mensch vernünftig denkend und für Gewerbtätigkeiten empfänglich S. 78 ist, bekam er auch als einziger vom Schöpfer Hände. Die Füße sind das Werkzeug zum Gehen. Mit ihnen machen wir die örtliche Bewegung. Nur der Mensch sitzt, ohne irgend eine Stütze zu benötigen. Er allein krümmt die Schenkel zu zwei rechten Winkeln am Hüftgelenk und an der Kniekehle; der eine rechte Winkel geht nach innen, der andere nach außen. Folglich ist all das, was durch Nerven und Muskeln bewegt wird, seelischer Natur und wird freiwillig ausgeführt.
Wir haben nachgewiesen: zu diesen Stücken seelischer Natur gehören die Sinnesempfindungen und die Stimme. Das ist also die vernünftige Unterscheidung der Werke seelischer und natürlicher Art. Der Schöpfer verband in seiner überragenden Fürsorge die Werke der Seele mit denen der Natur und umgekehrt. So ist z. B. die Ausscheidung der Ueberreste von Speise und Trank ein Werk des Absonderungsvermögens; dies ist eins der natürlichen Vermögen; das Absonderungsvermögen verhindert, daß wir ohne unsern Willen etws Anstössiges begehen, indem wir an unpassendem Ort, zu ungehöriger Zeit und an Gegenständen, wo es nicht statthaft ist, uns der Reste entledigen; deswegen stellte der Schöpfer die Muskeln als Wächter über die Ausscheidungen; so machte er die Werke der Natur zu seelischen. Demnach sind wir imstande, oft und auf lange Zeit die Ausscheidungen auszuhalten. Die Nerven mit Sinnesempfindung, die zudem noch weich sind, gehen von der mittleren und den vorderen Gehirnhöhlen aus. Die härteren Nerven und die, in denen das Bewegungsvermögen ruht, leiten sich von der hinteren Gehirnhöhle und vom Rückenmark her. Aber noch weit härter sind die Nerven, die vom Rückenmark herkommen, und noch härter als diese sind die Nerven, die von den unteren Teilen des Rückenmarkes stammen. Je weiter sich das Rückenmark vom Gehirn entfernt, desto härter wird das Rückenmark selbst, desto härter auch die Nerven, die im Rückenmark wurzeln. Wie wir die Sinnesempfindungen doppelt erhielten, so besitzen wir auch die Keime der Nerven doppelt. Jeder einzelne Wirbelknochen des Rückenmarkes sendet ja ein Nervenbündel aus; von diesem strebt der eine Teil zur rechten, der andre zur linken Körperseite. Unser ganzer Leib zerfällt doch sozusagen in zwei Teile, einen rechten und einen linken Teil. So haben wir rechts und links Füße, Hände und jedes einzelne der übrigen Glieder wie auch der Sinneswerkzeuge.
