Dritter Artikel. Die „Schaffung“ hat zum Gegenstande die Beziehung zum Schöpfer und ist demnach etwas in den Kreaturen.
a.) Dagegen wird geltend gemacht: I. Wie das Schaffen, soweit es ein Bestimmtwerden und Empfangen einschließt, der Kreatur zugeschrieben wird, so wird es, soweit es ein Geben und Wirken ist, dem Schöpfer zugeschrieben. Letzteres aber ist positiv nichts im Schöpfer; sonst würde in diesem etwas Zeitliches sich finden. Also ist das Schaffen auch im erstgenannten Sinne nichts in der Kreatur. II. Nichts vermittelt zwischen Schöpfer und Geschöpf. Das Schaffen aber wird bezeichnet als Vermittlung zwischen beiden. Denn es ist nichts im Schöpfer, da es nicht von Ewigkeit ist; — es ist ebenso keine Kreatur, sonst müßte es wieder von einem anderen Schaffen herrühren und so bis ins Endlose. Das Schaffen also hinterläßt nichts und ist nichts positiv in der Kreatur. III. Wäre das Schaffen oder Geschaffenwerden etwas in der Kreatur,außerhalb ihrer Substanz, so müßte es eine hinzutretende Eigenschaft sein. Als solche Eigenschaft aber müßte es in einem Subjekte sein und von ihm getragen werden. Also wäre dann die geschaffene Sache der Träger oder das Subjekt des Geschaffenwerdens; und so wäre ganz das Gleiche der Träger des Geschaffenwerdens und auch der Abschluß, der terminus desselben. Das aber ist unmöglich. Denn der Träger ist früher als das, was getragen wird; das Subjekt früher als die hinzutretende Eigenschaft. Der Abschluß oder der terlminus aber ist später als das Wirken und das Empfangen, das er abschließt; existiert er, so hört das Wirken und Empfangen auf. Also ist das Geschaffenwerden oder das „Schaffen“ im geschaffenen Dinge selber nichts. Auf der anderen Seite ist es etwas weit Größeres, nach der ganzen Substanz zu werden als bloß nach einer Wesensform oder nach einer zufälligen Eigenschaft. Letzteres aber läßt etwas im Erzeugten oder im Veränderten. Also auch das Geschaffensein.
b) Ich antworte, daß „Schaffen“ bloß etwas gemäß der Beziehung im Geschaffenen zurückläßt. Denn was geschaffen wird, das wird nicht vermittelst der Bewegung oder der Änderung. Was nämlich in dieser Weise wird, das wird aus einem, was vorher existiert. Und dies trifft zu in dem, was beschränkte Ursächlichkeiten hervorbringen. Es kann aber nicht zutreffen in dem Hervorbringen des Gesamtseins von seiten der ersten Ursache aller Dinge, die da Gott ist. Gott also schafft die Dinge ohne Bewegung. Fällt aber die Bewegung fort vom Einwirken und Empfangen, so bleibt nichts übrig als die reine Beziehung. Das Schaffen also läßt in der Kreatur nur zurück die Beziehung zum Schöpfer als zum Princip ihres Seins; wie im Empfangen, was vermittelst der Bewegung sich vollzieht, eingeschlossen wird die Beziehung zum Princip der Bewegung.
c) I. Das Schaffen, als vom wirkenden Grunde ausgehend betrachtet, bezeichnet das göttliche Wirken, das Gottes Wesen ist, zusammen mit der Beziehung zu den Kreaturen. Und eine solche Beziehung in Gott zu den Kreaturen besteht nicht dem wirklichen Sein nach, sondern nur gemäß der Auffassung der Vernunft. Die Beziehung der Kreatur zu Gott aber ist dem wirklichen Sein nach; da die Kreatur aus dem Nichts wirkliches Sein gewinnt. (Kap. 13, Art. 7.) II. Schaffen wird als Veränderung bezeichnet. Die Veränderung abervermittelt zwischen dem Bewegenden und dem Bewegten. Und so wird auchdas Schaffen als Vermittlung bezeichnet zwischen Kreatur und Schöpfer.Jedoch ist das Geschaffensein, also das Schaffen als leidend und empfangend,in der Kreatur und ist die Kreatur. Und doch kann nicht gesagt werden,sie bedürfte dann wieder eines anderen Schaffens. Denn die Relationen drücken ihrer Natur nach die Beziehung aus und darin besteht ihr Sein; also werden sie nicht durch andere Relationen bezogen, sondern aus sich selber. (Kap. 42, Art. 1, ad 4.) III. Soweit die Schaffung als Änderung in Betracht kommt, ist ihr Abschluß, ihr terminus, die Kreatur. Soweit sie aber eine wahre Beziehung ist, steht die Kreatur als das Subjekt dieser Beziehung da, als ihr Träger; und so ist die Kreatur früher im Sein, wie das Subjekt früher ist als das, was von ihm getragen wird, als sein Accidenz. Die Beziehung aber oder Relation ist wieder ihrerseits früher wie die Kreatur, die als Subjekt da steht, wegen des Gegenstandes, zu dem sie bezogen wird, welcher das Princip aller Kreatur ist. Dabei wird nicht gesagt, daß die Kreatur, so lange sieKreatur ist, immer geschaffen werde. Denn die Schaffung schließt ein dieBeziehung des Geschöpfes zum Schöpfer zugleich mit einer gewissen Neuheit oder zugleich mit dem Beginne.
