Fünfter Artikel. Gott allem ist es eigen, zu schaffen.
a) Dagegen spricht: I. Vollendet in seinem Sein ist jenes, was da etwas sich Ähnliches machen kann. Nun können aber die stofflosen Kreaturen sich Ähnliches machen, wie das Feuer Feuer erzeugt und der Mensch den Menschen. Also können auch die stofflosen Substanzen, die doch höher stehen als die im Stoffe befindlichen, sich ahnliche machen. Eine stofflose Substanz aber kann nicht anders ins Dasein treten als durch Erschaffung, da sie keinen Stoff hat, aus dem sie zu werden vermag. Also kann eine Kreatur erschaffen. II. Je größer der Widerstand ist von feiten des Gemachten, eine desto größere Kraft wird erfordert im Wirkenden. Mehr aber widersteht der positive Gegensatz wie das Nichts. Also kann die Kreatur, welche doch aus dem positiven Gegensatze etwas sich Ähnliches machen kann, wie das Feuer aus dem kalten Wasser warmes macht, um so mehr aus Nichts etwas herstellen. III. Die Kraft des Wirkenden bemißt sich nach dem Maße dessen, wasgeschieht. Das geschaffene Sein aber ist endlich. Also zu dessen Hervorbringung gehört keine unendliche Kraft. Also kann die Kreatur es machen. Also kann die Kreatur schaffen. Auf der anderen Seite sagt Augustin (3. de Trin. 8.): „Weder die guten noch die bösen Geister können als Schöpfer irgend eines Dinges bezeichnet werden;“ um so weniger die anderen Kreaturen.
b) Ich antworte, daß aus dem Vorhergehenden genügend hervorgeht, das Erschaffen sei Gott allein eigen. Denn die allgemeineren Wirkungen muß man auf allgemeinere Urfachen zurückführen. Die allgemeinste Wirkung aber ist das Sein selber; denn nichts ist gewirkt, was nicht Sein hätte. Also muß es auch von der allgemeinsten und ersten Ursache gewirkt sein, welche Gott ist. Deshalb sagt der liber de causis (prop. 3.), daß weder irgend eine Vernunft noch die Seele uns Sein giebt, außer insoweit sie wirken kraft und unter Voraussetzung der vorhergehenden göttlichen Thätigkeit. Das Sein an sich aber, ohne daß es dieses oder jenes bestimmte Sein sei, hervorbringen, ist nichts Anderes als Erschaffen. Also Schaffen ist die eigenste Thätigkeit Gottes nach außen hin. Es trifft jedoch zu, daß etwas als Werkzeug einer anderen Kraft manchmal thätig ist; wie z. B. die Luft es der Kraft des Feuers dankt, daß sie wärmt. Und demgemäß haben manche gemeint, daß wohl das Erschaffen eigen sei der ersten Ursache, aber daß trotzdem untergeordnete Ursachen erschaffen könnten, insoweit die erste Ursache ihnen dazu die Kraft verleiht. Und so stellte Avicenna die Meinung auf, daß die erste von Gott geschaffene Substanz die zweite schafft, welche nach ihr kommt, und diese dann die Substanz des Erdkreises und dessen Seele; sowie daß von da endlich der Stoff der niedrigeren Körper ausgeht. Und danach meint selbst der Magister (5. dist. 4. Sent. §. 3), Gott könne einer Kreatur es mitteilen, daß sie erschaffe; nämlich als Werkzeug, nicht kraft eigener Autorität. Das aber ist ganz unmöglich. Denn eine untergeordnete Ursache, eine Ursache zweiten Ranges, nimmt nicht teil an der Thätigkeit der ersten Ursache, außer insoweit sie durch eine ihr eigentümliche Kraft so thätig ist, daß sie für die Thätigkeit der Hauptursache vorbereiten kann. Wenn sie nämlich nichts thäte gemäß der ihr eigenen Kraft, so würde es nutzlos sein, sie zu gebrauchen; und es würde auch nicht nötig sein, nach einer bestimmten Art von Werkzeugen zu suchen, damit eine bestimmte Thätigkeit eintreten könne. So sehen wir, daß die Axt kraft dessen, was sie eigen hat, nämlich dadurch, daß sie das Holz spaltet, als Werkzeug dazu dient, daß die Form der Bank hervorgebracht wird; und dies ist die Wirkung, welche dem Hauptwirkenden, dem die Axt als Werkzeug Handhabenden, eigens entspricht. Was aber Gottes Wirken eigens entspricht, das ist das Sein an sich, was allem übrigen Wirken und allem bestimmten Sein als Voraussetzung dient. Da also das Erschaffen nicht aus einem vorliegenden und vorausgesetzten Sein heraus geschieht, so kann auch für das Erschaffen kein Werkzeug und also keine Ursache zweiten Ranges etwas vorbereiten. Also kann es keiner Kreatur zukommen zu erschaffen, weder aus eigener noch aus mitgeteilter Kraft, weder in erster Linie noch als Werkzeug. Und diese Unzuträglichkeit erhöht sich, wenn man einem Körper es zuschreiben wollte, er könne erschaffen. Denn kein Körper ist thätig außer dadurch, daß er berührt oder bewegt. Dann muß aber vor seinem Inthätigkeittreten etwas da sein, was berührt oder bewegt werden kann; wogegen eben das Erschaffen nichts voraussetzt.
c) I. Was in dem Sinne vollendet ist, daß es an einer Natur der Gattung nach voll und ganz, in vollendeter Weise teilnimmt, das macht nicht etwas sich selber Ähnliches, insoweit es ohne weiteres seine eigene Natur hervorbringt, sondern indem es diese seine Natur, auf etwas anwendet und so durch dieselbe etwas wirkt. Denn nicht der einzelne Mensch ist Ursache der ganzen menschlichen Natur als einer Natur, sonst wäre er ja die Ursache seiner selbst; er wäre, da die Ursache früher ist als die Wirkung, früher als er selber; hätte also zugleich Sein und Nichtsein. Nein; der einzelne Mensch ist Ursache davon, daß die menschliche Natur in diesem anderen einzelnen Menschen ist, soweit sie also eine einzelne ist; deshalb setzt seine einwirkende Kraft voraus den bestimmten Stoff, der die Wesensform „Mensch“ trägt, durch welchen jemand der einzelne bestimmte Mensch ist. Wie aber der Mensch Anteil hat an der menschlichen Natur, so hat jegliches Sein Anteil, sozusagen, an der Seinsnatur; denn Gott allein ist sein eigenes Sein. Kein geschaffenes Sein also kann ohne weiteres „Sein“ hervorbringen; sondern nur insoweit das einzelne Ding, das von ihm verursacht wird, bereits in sich irgendwie Sein hat. Demgemäß muß das, wodurch ein Ding dieses bestimmte, wodurch es ein einzelnes Ding ist, vorausgesetzt werden für die Thätigkeit, wodurch die Kreatur etwas sich Ähnliches herstellt. In der stofflosen Substanz kann aber so etwas, wodurch sie eine einzelne wird, nicht vorausgesetzt werden; denn sie hat es durch ihre Wesensform selber und nicht durch den Stoff, daß sie eine einzelne, also diese und nicht jene ist, daß sie sonach für sich besteht. Also kann die eine der stofflosen Substanzen nicht eine andere sich ähnliche stofflose hervorbringen dem Sein nach; denn wer das Sein hervorbringt, muß auch die Substanz hervorbringen, da mit dieser das Fürsichsein gegeben ist. Wohl aber kann die eine stofflose Substanz die andere vervollkommnen, soweit es eine Eigenschaft betrifft; wie wenn wir sagen, daß ein Engel den anderen erleuchtet, (Dionys. 4. de div. nom.) Und nach dieser Weise besteht auch in den himmlischen Substanzen eine Vaterschaft, wie der Apostel schreibt: „Aus dem alle Vaterschaft im Himmel und auf Erden.“ (Ephes. 3.) Und so ist es ganz offenbar, daß ein geschaffenes Wesen nur etwas verursachen kann unter der Voraussetzung, daß etwas da ist, woraus es formt. Das ist aber gegen die Natur des Erschaffens. II. Daß etwas aus dem Gegenteil heraus verursacht wird, das ist rein zufällig und nebensächlich. (1 Physic.) An sich aber wird etwas aus dem Subjekte, was dazu das (empfangende) Vermögen besitzt. Der positive Gegensatz also, der im Einwürfe erwähnt worden, widersteht dem Einwirkenden, insofern er das vorliegende Vermögen des Subjekts hindert, die Form anzunehmen, welche der Einwirkende durch seine Thätigkeit geben will. So wird das Feuer, welches eine ihm ähnliche Form verursachen will, gehindert durch die ihm entgegengesetzten Eigenschaften und Zustände des Wassers, durch welche das Vermögen des Wassers warm zu werden, gleichsam gebunden erscheint. Und je mehr ein solches Vermögen gebunden ist, desto mehr wird Kraft erfordert im Einwirkenden. Aber viel größer muß diese Kraft des Einwirkenden sein, wenn gar nicht einmal ein Vermögen existiert, welches er nur von einigen Hindernissen zu lösen hätte. Also unendlich höhere Kraft ist erforderlich, um aus Nichts, d. h. aus keinem Vermögen heraus etwas zu machen, als aus dem Gegenteil es herzustellen. lll. Die Kraft des Wirkenden wird nicht nur erwogen aus der Substanz dessen, was er macht; sondern auch daraus, wie er wirkt. Der größere Wärmegrad z. B. bewirkt nicht nur eine höhere Wärme, sondern auch, daß es schneller warm ist. Obgleich nun also das Hervorbringen einer endlichen begrenzten Wirkung an sich auf eine unendliche Kraft nicht hinweist; so thut das doch der Umstand, daß diese Wirkung aus dem Nichts gemacht wird. Dies geht mit aus II. hervor. Denn wenn eine desto größere Kraft erforderlich ist, je mehr das entsprechende Vermögen, aus dem die Wirkung wird, vom Akte, d. h. vom thatsächlichen Sein entfernt ist, so muß notwendig die Kraft ungemessen groß, unendlich sein, wenn gar kein Vermögen vorhanden ist. Denn kein Verhältnis keiner Kraft zu irgend welchem Vermögen, wo die natürliche endliche Kraft etwas voraussetzt, um wirken zu können, ist zu vergleichen mit dem Verhältnisse von Sein und Nichtsein. Und da keine Kreatur ohne weitere Einschränkung und Bedingung unendliche Kraft hat, wie auch keine ein unendliches Sein besitzt, so bleibt nur übrig, daß keine Kreatur erschaffen kann.
