48. Der Triumph Christi.
Im übrigen kennt der Apostel bei Christus nichts von einem Zittern vor dem Schmerz. Denn als er von der Leidensanordnung sprechen wollte, hat er sie in dem Geheimnis der Göttlichkeit verkündet: „Indem er euch alle Sünden schenkte, indem er den Urteilsbrief vernichtete, der wider uns war, indem er ihn (den Brief) beseitigte und ihn ans Kreuz heftete, indem er sich des Fleisches beraubte, da hat er auch die Herrschaften und S. 203 Mächte mit Mut hinübergeführt (zur Niederlage), indem er über sie in sich selbst (Christus) triumphierte.”1
Jene Kraft scheint dir also dem Nagel der Wunde zu erliegen und aus Erschrecken über den Schlag dessen, der (ihn) einhämmert, sich zu schmerzempfindlichem Wesen umgestaltet zu haben? Der Apostel hat aber (so) gesprochen, weil Christus in ihm sprach; indem er das durch den Herrn gewirkte Werk unseres Heiles anführt, beschreibt er den Tod Christi in der Weise, daß er des Fleisches sich beraubt und die Mächte mit Mut herabwürdigt und über sie in sich selbst triumphiert. Wenn in seinem Leiden Notwendigkeit vorliegt und es nicht Geschenk deines Heiles ist; wenn es am Kreuz einen Schmerz des Durchbohrens gibt und es nicht die Anheftung des Urteils ist, das gegen dich als Tod geschrieben ist; wenn in dem Tode Macht des Todes vorhanden ist und es nicht Ablegen des Fleisches ist, das durch Gottes Macht gewirkt wird; wenn endlich der Tod selbst etwas anderes ist als die Entehrung der Mächtigen, als Mut, als Siegesjubel: dann schreib (ihm) nur Schwachheit zu, wenn es dort Notwendigkeit gibt und (leidensfähiges) Wesen, wenn es dort Gewalt gibt und Mißtrauen und Unehre!
Wenn aber im Gegenteil das bei dem Geheimnis des Leidens nicht gelehrt wird, so frage ich: Was für ein Wahn ist das, den Glauben der apostolischen Lehre zu verwerfen und den Sinn der Gläubigkeit umzukehren und dieses Ganze zur Schmähung eines schwachen Wesens räuberisch in Anspruch zu nehmen, was doch freier Wille ist und Geheimnis, was doch Macht ist und Vertrauen und Siegesjubel?
Siegesgröße wahrlich ist es, zum Kreuz (estode) gesucht zu werden2 und denjenigen nicht zu ertragen, der sich darbringt;3 dem Todesurteil sich zu stellen, aber von dort aus zur Rechten des Vaters den Sitz S. 204 einzunehmen;4 von Nägeln durchbohrt zu werden,5 aber für die Verfolger zu beten;6 den Essigtrunk zu nehmen7 und das Geheimnis zu vollenden;8 unter die Übeltäter gerechnet zu werden,9 aber das Paradies zu schenken;10 am Holz erhöht zu werden,11 aber die Erde erzittern zu machen;12 am Kreuz zu hängen, aber Sonne und Tag fliehen zu machen;13 den Leib zu verlassen,14 aber die Seelen in die Leiber zurückzurufen;15 als Toter begraben zu werden,16 aber als Gott aufzuerstehen;17 als Mensch für uns alle Schwachheiten zu erdulden,18 aber als Gott in all dem herrlich obzusiegen.19
Kol. 2, 13―15. ↩
Vgl. Joh. 18, 4. ↩
Vgl. Joh. 18, 6. ↩
Vgl. Matth. 26, 64. ↩
Vgl. Mark. 15, 24. ↩
Vgl. Luk. 23, 34. ↩
Vgl. Matth. 27, 48. ↩
Vgl. Joh. 19, 30. ↩
Vgl. Is. 53, 12; Mark. 15, 28. ↩
Vgl. Luk. 23, 43. ↩
Vgl. Joh. 8, 28. ↩
Vgl. Matth. 27, 51. ↩
Vgl. Matth. 27, 45. ↩
Vgl. Matth. 27, 50. ↩
Vgl. Matth. 27, 52. ↩
Vgl. Matth. 27, 60. ↩
Vgl. Mark. 16, 6. ↩
Vgl. Hebr. 5, 2. ↩
Vgl. Kol. 2, 15. ↩
