Nr. 5
Es folgt, daß wir das ebenfalls betrachten, was wir insgemein viel besprochen und zur Ueberredung des Volkes verbreiten hören. Um deßwillen nämlich würden die Opfer den Göttern dargebracht, auf daß sie den Groll wie Unwillen fahren lassen und milde wie sanft sich zeigen, nach beruhigter Aufregung der wildbewegten Brust. Halten wir jedoch jene Bestimmung fest, welche schicklich immer beharrlich uns gegenwärtig seyn soll, daß den Göttern alle Gemüthsbewegungen unbekannt seyen, so paßt zu glauben, daß die Götter niemals zürnen; ja daß keine leidenschaftliche Bewegung mehr ihnen ferne sey, als die den wilden Thieren eigenste, welche jene so sie erleiden durch Stürme in Unordnung bringt und der Gefahr des Unterganges zuführt: denn was immer durch irgend einer Sache Bewegung erschüttert wird, ist sicherlich des Leidens fähig und unbeständig. Was oder dem Leiden S. 183 und dem Unbestand unterworfen ist, das muß sterblich seyn. Der Zorn nun erschüttert und löst die so ihn erleiden auf; also muß man das der Zornleidenschaft Unterworfene sterblich nennen. Da wir jedoch wissen, die Götter müssen dauernd seyn und die Natur der Unsterblichkeit behaupten, so ist, steht dieß fest und gewiß, der Zorn diesen ferne und ihrer Beschaffenheit entgegen. Auf keinerlei Weise schickt sich folglich; damit die oberen versöhnen zu wollen, was, wie man sieht, nicht mit derselben Glückseligkeit übereinkommt.
