Nr. 30
Fruchtlos, sagt man, verhöhnst du uns aber: denn wir gießen den Göttern nicht um deßwillen puren Wein aus, als hielten wir dafür, sie hätten Durst, tränken oder würden durch desselben Annehmlichkeit zur Lust gestimmt. Der Ehre wegen wird er ihnen also dargebracht; damit derselben Erhabenheit noch erhabener, großartiger und ehrwürdiger werde, überschütten wir die Altäre selbst und entlocken mittelst der gelöschten Kohlen ehrenden Wohlgeruch. Und welche ärgere Schmach kann man den Göttern anthun, als zu glauben, durch den Empfang von Wein würden sie günstig gestimmt; oder meinst du etwa, sie hielten das für eine besondere Ehre, wenn du nur einige Tropfen Wein über lebendige Kohlen hinwirfst und aufträufelst? Nicht mit vernunftlosen Menschen und mit solchen, denen der Erkenntniß Wahrheit nicht gemeinsam ist, pflegen wir die Rede; auch euch wohnt Weisheit, wohnt Einsicht inne, und daß wir die Wahrheit sprechen, wißt ihr wohl selbst aus innerem Urtheil. Aber was können wir mit solchen, welche die Dinge selbst nicht genau erwägen wollen, und nur mit sich selbst sprechen, anfangen? denn ihr thut, was ihr wahrnehmt, daß man thue; nicht aber setzt ihr festes Vertrauen darein, was vernünftiger Weise geschehen soll. Ohne Zweifel, weil bei euch die unbegränzte Gewohnheit mehr gilt, als die erkannte Natur der Dinge, erwogen durch der Wahrheit Prüfung. Was hat nun der Gott mit dem Weine zu schaffen, oder welche Kraft ist in desselben Körper, oder wie mächtig ist er, um, ausgegossen, jenes Erhabenheit zu mehren und als Verherrlichung der Würde. angesehen zu werden? Was, sage ich, hat der Gott mit dem Weine zu schaffen, der der geilen Lust zunächst, die Kräfte aller Tugenden schwächt, ein Widersacher der Bescheidenheit, Schamhaftigkeit und Keuschheit ist? welcher nur zu oft die aufgeregten Gemüther zum Wahnsinn wie zur Raserei fortgetrieben und jene Götter selbst gezwungen hat, in schmählichen Unbesonnenheiten sich ihrer Würde zu begeben. Ist es dergestalt nicht sündhaft und ein vollendetes Verbrechen der Gotteslästerung, das zur Ehrung darzubringen, was, genießest du es gieriger, dich deines Thuns unkundig, deiner Rede unwissend macht; was dir endlich den lauteren Tadel und die Makel eines Trunkenboldes, Schlemmers und Verkommenen erwirbt?
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