Nr. 34
Woher oder aus welchen Ursachen kommt nun dieser Meinungen Verruchtheit? daher wohl zumeist, daß die Menschen nicht im Stande sind, zu wissen was Gott sey, was desselben Kraft, Natur, Wesenheit, Beschaffenheit; ob er eine Gestaltung habe oder durch keine Körperlichkeit umschlossen sey; ob Er irgend Etwas thut oder Nichts; ob Er fortwährend wacht oder manchmal in Schlaf verfällt; ob Er sich umher bewegt, sitzt, geht, oder ob Er dieser Bewegungen und der Ruhe enthoben sey? Dieß Alles, wie gesagt, nicht wissen noch auf irgend eine Weise erkennen könnend, verfielen sie auf jene Meinungen, daß sie die Götter nach sich bildeten und ihnen eine solch Natur hinsichtlich der Handlungen, Verrichtungen und Gesinnungen beilegten, wie ihre eigene beschaffen ist. Nähmen sie aber wahr, sie seyen ein werthloses Thier und wenig verschieden von der Ameise, sie ließen wahrhaftig ab zu meinen, es komme ihnen irgend etwas Gemeinschaftliches mit den Göttern zu, und hielten sich bescheiden innerhalb den Grenzen ihrer Niedrigkeit. Nun aber, da sie bemerken, daß sie sich des Mundes, der Augen, des Kopfes, der Backen, der Ohren, der Nase und der übrigen Gliedmaßen wie Eingeweide bedienen, so halten sie dafür, auch die Götter eben so geformt enthielten im Körperbau ihre Gestaltung. Und weil sie Freude, Vergnügen, Trauer durch ungünstigere Verhältnisse veranlaßt in sich wahrnehmen, so meinen sie, auch die Götter erfreuten sich ob heiterer Dinge und minder angenehme beengten ihre Herzen. Da sie durch Spiele gereizt werden, so nehmen sie an, auch der Himmlischen Gemüther ließen sich durch der Spiele Erlustigungen ergötzen. Und weil es ihnen eine Lust ist, sich in der Hitze durch Bäder zu erfrischen, so halten sie der Bäder Reinigung auch den Göttern angenehm. Wir Menschen begehren die Weinlese und so glaubt man, daß die Götter ebenfalls ihre Lese vornehmen und feiern. Wir haben Geburtstage, auch den himmlischen Mächten behauptet man solche zu. Könnten sie den Göttern auch Unwohlseyn, Krankheiten und körperliche Uebel beilegen, nicht scheuten sie S. 203 sich, dieselben als milzsüchtig, triefäugig und darmbrüchig auszusagen, weil sie selbst oftmals an der Milz, an den Augen leiden und beschwert sind mit ungeheuer großen Brüchen.
