Nr. 8
Allein dieß, wie gesagt, übergehe ich und lasse es dem Schweigen hingegeben beruhen. Vor Allem forsche ich nach diesem Einen: was ist Ursache, daß, werde ich ein Schwein schlachten, der Gott den Sinn ändert, S. 184 Zorn und Wuth fahren läßt; daß, werde ich unter seinen Augen und auf seinem Altar ein Huhn, ein Kalb verbrannt haben, er der Beleidigung vergißt und von dem Gedanken an Rache absteht? Was in diesem Werke bezieht sich auf desselben Unwille, oder welches Heilmittel ist so eine Gans, so ein Bock oder Pfau, daß derselben Blut wider den Erzürnten mag angewendet werden? Die Götter also verkaufen die ihnen angethanen Unbilden, und wie kleine Kinder, damit sie sich beruhigen und vom Weinen ablassen, Sperlinge, Puppen, Steckenpferde, Backwerk bekommen, mit demselben sich zu zerstreuen, so nehmen die unsterblichen Götter diese Besänftigungsmittel hin, beruhigen mit ihnen Zorn wie Aufregung und kehren zur Wohlgewogenheit gegen ihre Beleidiger zurück? Ich halte vielmehr dafür, wenn anders es recht ist zu glauben, daß die Götter durch Zornbewegungen aufgeregt werden, sie sollten ohne irgend eine Belohnung und wegen keinerlei Nutzen Zorn und Aufregung lassen und den Flehenden die Schuld vergeben: denn das ist der Gottheiten Eigenthümlichkeit, freiwillige Verzeihung und unentgeltliches Zugeständniß. Kann dieß aber nicht geschehen, so ist es viel verständiger, wenn sie beharrlich im Zorn ausdauern, als durch die Verderbniß der Geschenke sanftmüthig zu werden: denn mit der Hoffnung auf Loskauf der Vergehungen wächst der sich Vergehenden Menge; und leichten Fußes eilt man dort zur Schuld, wo der Verzeihenden käufliche Gnade sich findet.
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