Nr. 15
Wie nun, sagt Einer, ihr haltet also dafür, man dürfe den Göttern durchaus keine Ehre erweisen? Stellt ihr uns solche Götter, wie sie seyn müssen, sind sie, und als welche wir Alle dieselben in dieses Namens Aussprache gemeint haben wollen, vor, wie können wir gegen sie nicht auch die größte Ehrerbietung haben, da wir auch durch höheren Befehl Menschen, welches Ranges, welches Reichthums sie auch seyn mögen, zu ehren empfingen? Welche diese Größte ist? Die um Vieles Gefälligere und in mächtigerem Geschlechte Begründete, als ihr sie annehmt. Sprecht, sagt ihr, welche Meinung hinsichtlich der Götter die würdige, die richtige, die anständige und durch keine Unform irgend einer Schändlichkeit tadelnswerte ist. Vorerst glaubt, daß dieselben weder irgend eine Aehnlichkeit mit dem Menschen haben, noch irgend Etwas erwarten, was außer ihnen sey und von Außen her komme. Dann, was oftmals erwähnt worden, daß sie nicht in Zornesflammen auflodern; nicht körperliche Lust begehren, nicht erbittlich sind, Gutes zu S. 189 spenden; nicht mittelst Gaben sich verlocken lassen, unschädlich zu seyn; nicht Wohlwollen und Gunst feil bieten; nicht sich an erwiesener Ehre erfreuen; nicht wegen derselben Verweigerung unwillig und aufgebracht werden; sondern daß sie, was dem Göttlichen eigenthümlich ist, durch ihre Kraft sich bewußt sind und nicht nach fremden Schmeicheleien sich abschätzen. Und doch, um die Beschaffenheit dessen, was man aussagt, wahrzunehmen, was ist das für eine Art von Ehre, so einen Schöps, einen Widder, einen Stier unter des Gottes Antlitz zu binden und vor seinen Augen zu tödten? Was ist das für eine Ehre, den Gott zum Blute einzuladen, welches er, wie man sieht, mit den Hunden in Gemeinschaft zu sich nimmt? Was ist das für eine Ehre, mit dem Rauch von angezündeten Holzhaufen die Luft verfinstern und der Gottheiten Abbilder mit der Farbe der Trauer schwärzen? Wenn nun das, was geschieht, nach seiner eigenthümlichen Beschaffenheit erwogen, nicht nach vorgefaßtem Werthe abgeschätzt wird, so sind diese sogenannten Opferheerde und schönen Altäre, Brandstätten des unglückseligsten Thiergeschlechtes, Scheiterhaufen und Grabmale, zum abscheulichsten Werke errichtet, und zum Sitz des Gestankes bereitet.
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