Erster Artikel. Das Verhältnis der Personen zum Wesen.
a) Es scheint in Gott das Wesen dem wirklichen Sein nach nicht zusammenzufallen mit den drei Personen. Denn: I. Wo der Einzelbestand eines Dinges dasselbe ist wie das Wesen des letzteren, da ist auch in derselben Natur nur ein einziges Einzelding; wie das bei allen Geistern der Fall ist, deren Natur dem wirklichen Sein nach zugleich der Einzelbestand ist und wo deshalb auch nur immer ein einziger Geist an ein und derselben Gattungsnatur Anteil hat. Denn was der Wirklichkeit nach in eins zusammenfällt, da kann das eine nicht vervielfältigt werden ohne das andere. In Gott aber finden sich drei Personen und ein Wesen. Also fällt da Person und Wesen dem wirklichen Sein nach nicht zusammen. II. Verneinen und bejahen kann man nicht ein und dasselbe. Hier aber würde über ein und dasselbe bejaht werden, es sei da ein Unterschied vorhanden; und zugleich würde dies verneint, es bestehe kein Unterschied; wenn drei Personen und ein Wesen in Gott dem wirklichen Sein ein und dasselbe wären. CC. III. Nichts kann sich selbst unterlegt werden oder sich selber Subjekt sein. Die Person ist aber untergelegt dem Wesen und trägt dieses; weshalb sie auch ὑπόστασις, suppositum heißt. Also ist Person in Gott nicht dasselbe wie Wesen. Auf der anderen Seite sagt Augustin (7. de Trin. 6.): „Wenn wir sagen: die Person des Vaters; so sagen wir nichts Anderes, als das Wesen des Vaters.“
b) Ich antworte, daß für denjenigen, welcher die göttliche Einfachheit berücksichtigt, die hier vorgelegte Frage eine ganz offenbare Beantwortung hat. Denn es ist oben gesagt worden (Kap. 3, Art. 3), die göttliche Einfachheit erfordere dies, daß in Gott ganz dasselbe sei im thatsächlichen Wirklichsein: Wesen und das Princip des Einzelseins, welch letzteres eben in den mit Vernunft begabten Substanzen Person genannt wird. Schwierigkeit scheint hier nur der Umstand zu erzeugen, daß trotz der Mehrheit der Personen das Wesen seine Einheit bewahren soll. Und deshalb meinten einige, da nach Boëtius (I. de Trin.) die Relation die Personen vervielfacht, daß in Gott in derselben Weise Person und Wesen verschieden sei, in welcher nach ihrer Meinung auch die Relationen einfach Zuthaten zum Wesen seien. Sie berücksichtigten in den Relationen nur, daß die eine zur anderen in Beziehung steht; und nicht, daß sie auch Wirklichkeit sind. Oben jedoch (Kap. 28, Art. 2) ist gezeigt worden, daß die Relationen, sowie sie in den geschaffenen Dingen alle gleichmäßig ein Sein im Subjekte, ein „Insein“, haben und nicht ein Sein an und für sich, so auch ihr Sein in Gott für alle gleichmäßig als „Sein im Subjekt“ aufgefaßt werden muß; nur mit dem Unterschiede, daß dieses „Insein“ der Relationen im Geschaffenen ein zum substantiellen Wesenssein des Dinges hinzutretende, eine accidentelle Eigenschaft ist; in Gott aber ist dieses Sein Substanz oder Wesen, wie ja überhaupt alles accidentelle Sein in den Geschöpfen auf Gott Überträgen Substanz wird: die Eigenschaft der Weisheit z. B. in uns wird in Gott Wesen oder Substanz. Daraus folgt also, daß Person und Wesen in Gott das eine wirkliche substantielle Sein ist; und daß doch oder vielmehr gerade deshalb die Personen voneinander wirklich unterschieden sind, wie z. B. weiß und groß im Menschen voneinander wirklich unterschieden sind und doch ihr Wirklichsein das eine menschliche ist. „Person“ nämlich bezeichnet in Gott die Relation, insoweit sie für sich besteht in der göttlichen Natur. Die Relation aber ist mit Rücksicht auf das Wirklichsein nur der Auffassung nach vom Wesen unterschieden. Da sie aber eben kraft des Wesens eine wirkliche substantielle Relation ist, so besteht eben auf Grund des Gegensatzes zwischen ihr und ihrem Gegenüber ein wirklicher thatsächlicher Unterschied. Und so bleiben ein Wesen und drei Personen.
c) I. In den Kreaturen haben die Relationen kein Für-sich-bestehen. Also können sie in denselben keine verschiedenen Personen herstellen; sondern da entsteht der Unterschied infolge der Wesensprincipien. In Gott aber hat jede Relation ein Für-sich-bestehen; also können sie kraft des Gegensatzes zu einander den Unterschied zwischen den Personen herstellen. Und daraus folgt keinerlei Unterschied im Wesen. Denn die Relationen selber sind voneinander nicht unterschieden, insoweit sie dem wirklichen Sein nach mit dem Wesen zusammenfallen; sondern ihr Unterschied gründet sich auf den relativen Gegensatz zu einander. II. Wesen und Person sind in Gott unterschieden der Auffassung nach; und insoweit kann etwas von dem einen behauptet werden, was vom andern geleugnet wird; und steht folgerichtig das eine als Subjekt in einem Satze da, so steht damit nicht zugleich das andere als solches da. III. Den göttlichen Dingen legen wir Namen bei in der Weise der geschöpflichen Dinge. (Kap. 13 Art. 3.) Und weil in den stofflichen Dingen das Einzelsein dadurch entsteht, daß der Stoff dem allgemeinen Gattungswesen unterliegt, letzteres trägt und es so zu einem einzelnen macht; deshalb wird ein solches Einzelding ὑπόστασις, suppositum genannt, diesen Namen haben wir nun übertragen auf das Göttliche; nicht aber damit sagen wollen, daß es nun in Gott auch in derselben Weise sei wie im Geschöpfe
