Siebenter Artikel. Die Anpassung der Wesensnamen an die Personen.
a) Eine solche Anpassung scheint ungeeignet. Denn: I. Hieronymus sagt (cf. magister sent. 4. dist. 13.): „Aus Worten, die nicht regelrecht gesagt werden, folgt Häresie.“ Namen aber, welche das gemeinsame Wesen bedeuten, anpassen wollen an einzelne Personen, kann zu Mißverständnissen Anlaß geben. Denn es kann dies so ausgelegt werden, daß sie der einen Person mehr als der anderen oder einer allein zukommen. II. Wesenseigentümlichkeiten, insofern sie durch abstrakte Worte ausgedrückt werden, bezeichnen nach Art einer Form. Die eine Person verhält sich aber nicht zur anderen, wie ihre Form oder Eigenschaft; da die Form oder Eigenschaft oder Natur in Gott dem wirklichen Sein nach von der Person, der sie angehört, nicht sich unterscheidet. Also dürfen Wesensattribute, zumal in abstrakter Bezeichnung, nicht einzelnen Personen angepaßt werden. III. Die Wesensattribute in Gott sind nach der Auffassung der Vernunft früher als die Personen, wie das Gemeinsame früher ist als das Eigene und Besondere. Das, was eigen ist, das ist aber seinerseits früher als das, dem es angepaßt oder angeeignet worden; denn dieses Eigene wird seiner Natur nach vorausgesetzt vom entsprechenden Dinge, dem es angeeignet worden. Also gehen in jedem Falle die Wesensattribute dem Eigenen in den Personen voraus und dürfen deshalb um so weniger fähig sein, angepaßt zu werden. Also besteht überhaupt eine solche Anpassung nicht. Auf der anderen Seite nennt der Apostel (1. Kor. 1.) „Christum die Kraft Gottes und die Weisheit.“
b) Ich antworte, daß, um den Glauben offenbar zu machen, es zukömmlich war, Wesenseigenschaften den Personen, als ihnen in besonders eigener Weise entsprechende, anzupassen. Denn wenn auch die Dreieinigkeit nicht bewiesen werden kann, so kommt es ihr doch zu, daß sie vermittelst dessen, was mehr offenbar ist, gleichsam veranschaulicht und erklärt werde. Die Wesensattribute aber sind uns mehr offenbar, wie as den Personen an sich Eigene, wie ihre Eigenheiten. Denn da wir aus den Kreaturen unsere Kenntnis gewinnen, können wir mit Sicherheit und Gewißheit aufsteigen zur Kenntnis der Wesenseigenschaften; nicht aber zur Kenntnis dessen, was den Personen eigen ist. Wie wir also der Bilder, Figuren oder der in den Kreaturen gefundenen Spuren uns bedienen zur Veranschaulichung und Verdeutlichung der göttlichen Personen, ebenso bedienen wir uns zum selben Zwecke der Wesensattribute, zu denen die Kreaturen mit Zuverlässigkeit geleiten. Und diese Offenbarmachung oder Verdeutlichung der Personen durch die Wesensattribute wird „Anpassung“ oder „Zueignung“ appropriatio genannt. In zweifacher Weise nun kann diese Verdeutlichung geschehen. Einmal auf dem Wege der Ähnlichkeit; wie die Vorzüge, welche zur Vernunft gehören, dem Sohne angepaßt werden, der nach Weise der Vernunft ausgeht als „Wort“. Dann auf dem Wege der Unähnlichkeit; wie die Macht z. B. nach Augustin dem Vater deshalb zugeeignet wird, weil die Väter wegen des Alters bei uns oft schwach sind; damit wir nicht so etwas von Gott denken.
c) I. Die Wesensattribute werden nicht in der Weise den Personen zugeeignet, als ob sie den Personen als denselben persönlich eigene zugesprochen werden sollten, wie z. B. dies bei der Vaterschaft, Sohnschaft etc. der Fall ist. Vermittelst solcher Zueignung soll die einzelne Person nur in ihrer wahren Eigenheit mehr uns zugänglich gemacht werden. Also geht daraus kein Irrtum im Glauben hervor; sondern vielmehr das Offenbarwerden der Wahrheit. II. Wenn durch derartige Zueignung ein Wesensattribut in der Weise einer Person zugesprochen würde, daß es ihr als eigen wirklich zukäme, so würde folgen, daß die eine Person zur anderen im Verhältnisse einer Form stehe. Das aber schließt Augustin aus, der da (6. de Trin. 11.) zeigt, daß der Vater nicht die Weisheit ist, welche Er zeugt, als ob der Sohn allein die Weisheit wäre, und so der Vater und Sohn nur zusammen betrachtet, Weisheit genannt werden könnte; nicht aber der Vater allein. Nein; der Sohn wird die Weisheit des Vaters genannt, weil Er ist die Weisheit vom Vater der Weisheit. Jeder von beiden ist an und für sich Weisheit und beide zugleich eine Weisheit. Also der Vater ist nicht weise durch die Weisheit, die Er gezeugt; sondern Er ist die Weisheit, die sein Wesen ist. III. Wenn auch die Eigenheit, welche den Charakter der Person herstellt, früher ist als das ihr Angepaßte oder Zugeeignete, insoweit es angepaßt oder zugeeignet ist; so hindert dies nicht, daß das zugeeignete Wesensattribut früher sei nach der Auffassung der Vernunft als die Person. So etwa ist die Farbe später als der Körper, insofern dieser als bestimmter Körper angesehen wird und die Farbe ihm als Eigenschaft gehört; früher aber ist der Natur nach die weiße Farbe im allgemeinen als der weiße Körper, insoweit er weiß ist.
