Fünfter Artikel. Im Menschen ist das Bild Gottes, des Dreipersönlichen.
a) Das Gegenteil scheint zu meinen: I. Augustin (Fulgentius de fide ad Petr. cap. 1.): „Ein einiges ist das göttliche Wesen der heiligen Dreieinigkeit und das Bild, nach welchem der Mensch gemacht worden;“ — und Hilarius (5. de Trin.): „Der Mensch wird nach dem gemeinsamen Bilde der Dreieinigkeit.“ Das Bild Gottes im Menschen bezieht sich also auf das eine Wesen Gottes; nicht auf die drei Personen. II. Der lib. de eccl. dogm. cap. ult. sagt, das Bild Gottes im Menschen sei nach der Ewigkeit. Damascenus schreibt ebenfalls (2. de orth. fide 12.): „Daß der Mensch nach dem Bilde Gottes sei; bezeichnet das Vernünftige und Freie und an sich Mächtige.“ Gregor von Nyssa desgleichen: „Wenn die Schrift sagt, der Mensch sei nach dem Bilde Gottes gemacht, so ist das ebensoviel wie sagen, die menschliche Natur habe Anteil an allem Guten; denn die Fülle alles Guten ist die Gottheit.“ Das Alles gehört aber zu dem einen Wesen. III. Das Bild führt zur Kenntnis dessen, was in selbem dargestellt ist. Da also der Mensch kraft seiner natürlichen Kenntnis sich selbst erkennen kann, so würde folgen, der Mensch könne kraft seiner Natur die Dreiheit der Personen erkennen. IV. Der Name „Bild“ kommt in Gott nur dem Sohne zu; wie Augustin sagt (6. de Trin. 2.): „Der Sohn allein ist das Bild des Vaters.“ Würde also im Menschen das Bild Gottes sein mit Rücksicht auf die Personen, so wäre nur das Bild des Sohnes in ihm. Auf der anderen Seite sagt Hilarius (4. de Trin.): „Dadurch daß der Mensch bezeichnet wird als nach dem Bilde Gottes gemacht, wird auf die Mehrheit der Personen hingewiesen.“
b) Ich antworte, daß in Gott die Unterscheidung der drei Personen nur gemäß dem Ursprünge besteht oder genauer gemäß den Beziehungen oder Relationen, die auf den Ursprung sich gründen. Es besteht aber in jeder Seinsart die Art und Weise des Ursprungs gemäß der Lage der entsprechenden Natur. Denn anders werden die lebenden Dinge hervorgebracht und anders die leblosen; anders die Tiere und anders die Wanzen. Also besteht der Unterschied zwischen den drei göttlichen Personen offenbar in der Weise, wie es der göttlichen Natur gebührt. Nach dem Bilde Gottes also sein gemäß der Nachahmung der göttlichen Natur, dies schließt dieses Andere durchaus nicht aus: demgemäß sein, daß auf die drei göttlichen Personen hingewiesen wird. Vielmehr folgt das eine dem und aus dem anderen. So ist also im Menschen das Bild Gottes sowohl mit Rücksicht auf die göttliche Natur wie mit Rücksicht auf die göttlichen Personen; denn in Gott selber ist in drei Personen eine Natur.
c) I. und II. sind damit beantwortet. III. Dieser Einwurf würde stichhaltig sein, wenn das Bild Gottes im Menschen Gott vollkommen vorstellte. Aber im Gegenteil ist nach Augustin (15. de Trin. 6.) zwischen der Dreieinigkeit in Gott und der in uns eine im höchsten Grade große Verschiedenheit. Und deshalb „sehen wir die Dreieinigkeit, welche in uns ist, vielmehr als daß wir sie glauben; daß aber Gott in drei Personen sei, das glauben wir vielmehr als daß wir es sehen“. (l. c.) IV. Manche meinten, das Bild Gottes in uns bestehe nur mit Rücksicht auf den Sohn. Aber dies weist Augustin (12. de Trin. 5. et 6.) zurück und zwar: 1. weil, wenn der Mensch nach der Ähnlichkeit des Sohnes gemacht ist, er dann auch nach der des Vaters sein muß, da der Sohn dem Vater in der Gleichheit und Einheit des Wesens ähnlich ist. 2. Wäre der Mensch bloß nach dem Bilde des Sohnes, so würde der Vater nicht sagen: „Wir wollen den Menschen machen nach unserem Bilde und nach unserer Ähnlichkeit;“ sondern es würde heißen: „nach Deiner“, des Sohnes. Wenn also an einer anderen Stelle es heißt: „Nach dem Bilde Gottes machte Er ihn,“ so ist das nicht dahin zu verstehen, daß der Vater den Menschen nach dem Bilde des Sohnes allein machte, der da Gott ist; wie manche dies erklärten. Das bedeutet vielmehr: Gott, der Dreieinige, machte den Menschen nach seinem Bilde, d. h. nach dem Bilde der Dreieinigkeit. Das „Gott machte den Menschen nach seinem Bilde“ kann aber in doppelter Weise verstanden werden: 1. so nämlich, daß dieses „nach“ den Abschluß und die Abgrenzung der Wirksamkeit bezeichnet; und demnach der Sinn ist: Wir wollen den Menschen so machen, daß in ihm unser Bild sei; — 2. so, daß dieses „nach“ die Exemplaridee bezeichnet und demnach der Sinn ist, wie wenn gesagt würde: Dieses Buch da ist nach jenem gemacht. Und demgemäß wäre das Wesen Gottes selbst das Bild, dem gemäß der Mensch gemacht ist, insofern das Wesen Gottes für Exemplaridee genommen wird;, oder, wie einige sagen, insofern gemäß dem göttlichen Wesen die eine Person die andere nachahmt.
